Nina Blazon (04.02.2009)

Interview mit Nina Blazon

Literatopia: Hallo Nina! Stell Dich doch bitte kurz unseren Lesern in Deinen ganz eigenen Worten vor. Wer bist Du und was schreibst Du?

Nina Blazon: Ich bin eine Journalistin, die sich vor einigen Jahren vorgenommen hatte, wenigstens einmal im Leben unter ein Buch das Wort „Ende“ zu schreiben. Und da sich aus dem ersten „Ende“ einige glückliche Zufälle und neue Anfänge ergeben haben, bin ich heute auch als Jugendbuchautorin unterwegs – in den Genres Fantasy, Historischer Roman und Krimi.

Literatopia: Vor kurzem ist Dein neuer Roman „Faunblut“ erschienen. Worum geht es? Auf Deiner Homepage wird der Roman als „Urban Fantasy“ bezeichnet – was zeichnest dieses Subgenre aus?

Nina Blazon: Ich zitiere mal aus einer Rezension von fantasy-news.com, denn schöner hätte ich den Inhalt auch nicht beschreiben können: „Mysteriöse Wesen, die durch eine von Machtkämpfen erschütterte Stadt ziehen. Eine ungeliebte Herrscherin, die ihr Gesicht hinter einer Eisenmaske verbirgt. Ein junges Mädchen mit meergrünen Augen, deren Spiegelbild lebendig zu sein scheint. Und ein geheimnisvoller Fremder, der als Jäger in die Stadt gekommen ist und ein düsteres Erbe zu verbergen sucht. Aufflammende Gefühle, die sich wider jede Vernunft ihre Bahn brechen und in irrationaler, berauschender Leidenschaft gipfeln.“
Also kurz gesagt: Die Geschichte einer unmöglichen Liebe in einer sterbenden Stadt. Zur Urban Fantasy würde ich diesen Roman zählen, weil viele der klassischen Versatzstücke der High Fantasy fehlen. Hier gibt es kein mittelalterliches Setting, keine Helden auf Pferden, dafür Motorboote, Turbinen, Fahrstühle und Feuerwaffen. Also ein deutlicherer Bezug zu unserer Welt.

Literatopia: Du bezeichnest Dich selbst als Jugendbuchautorin. Bei Fantasy kann man sich das gut vorstellen, doch wie sieht es mit Krimis aus? Was zeichnet Deiner Meinung nach einen jugendgerechten Krimi aus? Wo liegen die Unterschiede zu „Erwachsenen-Krimis“?

Nina Blazon: Für mich unterscheiden sich Erwachsenenroman und Jugendbuch vor allem durch die Tatsache, dass bei Letzterem die Protagonisten Jugendliche sind. Daraus ergibt sich schon der ganze Dreh in Richtung Jugendbuch, denn ein Protagonist, der mit 16 Jahren einen Mord lösen will, wird schon von seinen Möglichkeiten und seinem Umfeld her ganz anders vorgehen als ein Erwachsener, der z.B. bei der Mordkommission arbeitet oder Privatdetektiv ist. Worauf ich beim Jugendroman allerdings verzichte, sind übertriebene Gewaltszenen, aber das muss ich auch im Erwachsenenkrimi nicht unbedingt lesen.

Literatopia: Warum schreibst Du Jugendliteratur? Worin liegt der besondere Reiz für Dich? Und welche Schwierigkeiten ergeben sich Deiner Meinung nach beim Schreiben?

Nina Blazon: Es gibt kaum eine spannendere Phase als die Zeit der Anfänge und Umbrüche zwischen 13 und 23. Die Figuren dürfen unkonventionell und impulsiv handeln, ohne seltsam zu wirken. Es passt einfach zu diesem Lebensabschnitt, sich auszuprobieren und ungestüm, auch mal unvernünftig oder kompromisslos idealistisch zu sein. Es gibt natürlich auch Bücher mit erwachsenen Helden, die so reagieren, aber mir erscheinen die Jugendlichen in solchen Situationen authentischer.
Die Schwierigkeit beim Schreiben? Ich glaube, als Autor muss man aufpassen, den belehrenden Zeigefinger nicht zu heben, sondern schön dort zu lassen, wo er hingehört: auf der Tastatur.

Literatopia: Was inspiriert Dich zum Schreiben? Brauchst Du einen Musenkuss, um schreiben zu können oder geht Dir das inzwischen selbstverständlich von der Hand? Hast Du schon einmal Bekanntschaft mit der gefürchteten Schreibblockade gemacht?

Nina Blazon: Milchkaffee statt Musenkuss! Das Schreiben von Romanen ist nicht viel anders als das Schreiben von Zeitungsartikeln, also setze ich mich ganz nüchtern an den Rechner und fange an. Es gibt Tage, da läuft das Schreiben nicht gut, ich meide aber das Wort Schreibblockade, das klingt so hübsch nach einer ernsthaften Erkrankung, deren Heilung viiiiiiel Beschäftigungstherapie weit weg vom Computer erfordert. „Texthänger“ klingt besser. Dagegen kann ich nämlich etwas tun: Zur Abwechslung etwas anderes schreiben. Aber auf jeden Fall schreiben! (= nicht zum Kühlschrank pilgern, Fenster putzen, aufräumen, ... Liste beliebig fortsetzen.)

Literatopia: 2004 hast Du für Deinen Roman „Im Bann des Fluchträgers“ den Deutschen Phantastikpreis erhalten. War das eine große Überraschung für Dich? Denkst Du, diese Auszeichnung hat Deine jetzige schriftstellerische Karriere mit ermöglicht?

Nina Blazon: Absolute Überraschung und eine wunderbare Anerkennung, da es ja ein Publikumspreis ist. Ob speziell dieser Preis die Karriere mit ermöglicht hat, kann ich so genau gar nicht sagen. In der Summe mit anderen Glücksfällen aber ganz bestimmt!

Literatopia: Es wurden auch schon Kurzgeschichten von Dir in Anthologien veröffentlicht. Wie war das für Dich, als Du das erste Mal eine Zusage bekommen hast und Deine Geschichte in einer Anthologie wiedergefunden hast?

Nina Blazon: Komischerweise war die erste Kurzgeschichte gar nicht so spektakulär – der Schritt vom veröffentlichten Artikel zu einer Kurzgeschichte war nicht so groß wie der zum ganzen Buch. Aber ich habe mich natürlich gefreut wie ein Schneekönig!

Literatopia: Viele Deiner Bücher sind auch als Hörbuch erschienen. Was hältst Du persönlich von diesem Medium? Hast Du Dir schon einmal einen Deiner Romane angehört?

Nina Blazon: Ich mag Hörbücher sehr gern! Auf langen Zugfahrten ist es wunderbar, sich ein Buch vorlesen zu lassen. Zu Hause lese ich dagegen lieber selbst. Meine eigenen Romane höre ich mir aus Neugier auf den Interpreten einmal an. Ein Hintergedanke ist auch dabei: Es ist schön, wenn man sich von der Hör-CD abgucken kann, wie ein Schauspieler die Texte liest und betont. Sehr nützlich für Lesungen!

Literatopia: Darfst Du als Autorin bei der Covergestaltung ein oder mehrere Wörtchen mitreden oder bekommst Du sie, wie viele Autoren, vorgesetzt und musst damit leben? Wie gefallen Dir persönlich die Cover Deiner Bücher? Hast Du ein „Lieblingscover“?

Nina Blazon: Prinzipiell habe ich mit der Covergestaltung nicht viel zu tun. Die Entscheidung darüber ist vor allem Sache der Marketing- und Grafikabteilung. Die kümmern sich auch um den Ankauf der Bildrechte bei einer Agentur, um die Gestaltung des Titels etc. Das läuft also rein über diverse Agenturen und den Verlag. Ich bekomme dann entweder das Endergebnis oder einige Entwürfe zu Ansicht, und meistens sage ich einfach nur: „Oh, schön!“ Bisher hatte ich wirklich Glück mit den Covern. Mein Favorit ist das Bild von Henriette Sauvant auf der Hardcover-Ausgabe von „Katharina“.

Literatopia: Wie siehst Du Deine Bücher lieber veröffentlicht: als Taschenbuch oder Hardcover? Wer entscheidet eigentlich, welches Format für ein Buch angebracht ist? Welches Format kaufst Du bevorzugt?

Nina Blazon: Kommt darauf an. Die historischen Romane sehe ich ganz gerne als Hardcover, ich finde, das passt dazu. Bei Fantasy ist Taschenbuch auch nicht schlecht. Die Entscheidung darüber liegt beim Lektorat und auch beim Marketing und fußt auf der Überlegung, welche Lesergruppe die Bücher wann, wo und wie liest. Manche Bücher verkaufen sich als Taschenbuch weitaus besser als im Hardcover, da das Buch dadurch günstiger wird, zudem schön leicht und handlich ist und gut in die Schultasche passt. Ich bevorzuge Taschenbücher, weil ich viel im Zug und im Bus lese und keine Lust habe, einen sperrigen Ziegelstein mit mir herumzutragen.

Literatopia: Hast Du neben Deinen ganzen schreiberischen Arbeiten überhaupt noch Zeit, es Dir abends gemütlich zu machen und ein Buch zu lesen? Was liest Du gerne?

Nina Blazon: Aber klar, ich lese gern und viel, oft nutze ich dafür auch die „Schleuderzeiten“ (Wartezeiten an der Haltestelle etc.). Ich liebe Biographien, lese aber eigentlich querbeet, viele Bücher von Kollegen, Fantasy, Science Fiction, Krimis.

Literatopia: Wie sieht Deine journalistische Arbeit konkret aus? Konzentrierst Du Dich dabei auf den literarischen Bereich oder beschäftigst Du Dich auch mit eher „unliterarischen“ Dingen? Wo kann man Deine Artikel lesen?

Nina Blazon: Zu 90 Prozent sind es unliterarische Dinge. Dazu gehören Fachbroschüren z.B. zum Thema Automobiltechnik, Betriebsrentensysteme und Umweltschutz sowie Artikel über Integrationspolitik. Da die meisten Texte für bestimmte Zielgruppen geschrieben und dort auch (z.B. firmenintern) verteilt werden, wird man sie in der Öffentlichkeit kaum zu Gesicht bekommen. In der Zeitschrift „Begegnung der Kulturen“ kann man allerdings ab und zu Künstlerporträts aus meiner Feder lesen. Und wer ins Freizeitland Geiselwind (Nähe Würzburg) geht, kann dort im magischen Zeitreisezug mitfahren. Text und Konzept dieser Show stammen von mir.

Literatopia: Auf Deiner Homepage steht, dass Du einmal Lehrbeauftragte an verschiedenen Universitäten warst. Für welche Studiengänge hast Du Dich damals engagiert? Wie bist Du überhaupt dazu gekommen?

Nina Blazon: Fachbereich Südslavistik, Sprachkurse. Ich habe mich nach dem Studium ganz regulär auf eine Ausschreibung für einen Lehrauftrag beworben und kam über diese Stelle zu weiteren Lehraufträgen.

Literatopia: Wie ist eigentlich Dein Kontakt zu Deinen Fans? Bekommst Du oft Mails über Deine Homepage?

Nina Blazon: Die Fans treffe ich meistens direkt in Schullesungen oder auf Messen und Festivals. Aber auch per Mail ergibt sich immer wieder mal ein Kontakt – manchmal sind es Fragen für Referate und oft sehr nette Rückmeldungen zu den Büchern.


Leserfragen

Leserfrage: Was hältst Du von Internet-Leserunden mit Autor? Hast Du so etwas schon mal mitgemacht? Wenn ja: Wie war es? Wenn nein: Würdest Du gerne mal?

Nina Blazon: Solche Leserunden verfolge ich sehr gerne – vor allem, wenn ich das Buch schon kenne. Immer wieder toll, was man noch an Hintergrund erfährt und wie die anderen Leser das Buch empfunden haben. Eine Leserunde habe ich auch schon mal als Autorin begleitet, was ich spannend, aber manchmal auch stressig fand (was antwortet man einem frustrierten Leser, der seinen Unmut äußert, Geld für das Buch ausgegeben zu haben?). Der zweite Versuch steht im März mit „Faunblut“ bei den Büchereulen an. Bin gespannt, ob ich es diesmal souveräner hinkriege. ;-)

Leserfrage: Auf Deiner Homepage habe ich die fünf Fragen an Gabriele Beyerlein gefunden. Mich würde es jetzt interessieren, wie es zu dieser Zusammenarbeit kam und worin sie genau besteht?

Nina Blazon: Es ist ein lockerer Austausch. Gabriele und ich begegnen uns immer mal wieder auf Lese-Festivals (zum Beispiel letztes Jahr in Göttingen). Und im Hotel sitzt man dann morgens in der Autorenrunde beim Frühstück oder geht abends zum Chinesen um die Ecke. Ich finde, Gabriele ist eine faszinierende Person und bewundere es, wie detailliert und vielschichtig sie Frauengeschichte in ihren Büchern zum Leben erweckt. Und so dachte ich einfach: Das könnte doch auch meine Leser interessieren.

Leserfrage: Wie gehst Du mit negativen Kritiken um? Wie lautet die Leserkritik, über die Du dich am meisten geärgert hast?

Nina Blazon: Tja, da gibt es nur eins: Lesen, schweigen und darüber nachdenken, ob ein wahrer Kern darin steckt. Wenn ja, versuche ich mir die Anregung zu Herzen zu nehmen. Ansonsten versuche ich es nicht persönlich zu nehmen. Viele bitterböse oder enttäuschte Rückmeldungen sind im Grunde nichts anderes als Bestätigungen der Regel, dass jeder ein anderes Buch liest und die Geschmäcker eben verschieden sind. Und als Autor muss man damit leben, dass man nicht für jeden ein gutes und spannendes Buch schreiben kann. Was mich persönlich am meisten geärgert hat, war die pauschale Aussage: „Das Buch ist wirklich nur was für Dumme, die auf flache Charaktere stehen.“ Hoppla! Das ist einfach eine Beleidigung aller Leser, denen das Buch gefallen hat.

Leserfrage: Hast Du viel Kontakt zu anderen Autoren? Siehst Du diese als Konkurrenz oder gibt es ein solches Denken in der (deutschen) Autorenszene nicht?

Nina Blazon: Nach einer Weile lernt man die „Szene“ kennen: Es gibt Stammtische und andere Treffen, Kontakte per Mail oder im Internet (das Autorenforum Montsegur z.B.), und dann natürlich die Begegnungen auf Festivals und Lesungen. Mit dem Konkurrenzgedanken ist es wie in jedem anderen Beruf auch: Es gibt die fairen Kollegen, von denen manche sogar zu Freunden werden, es gibt Seilschaften und Netzwerke, einsame Genies und – ja – auch die „Stutenbissigen“ (und damit sind natürlich nicht nur Frauen gemeint). Zum Glück überwiegen aber die Netzwerker und inzwischen auch die Freunde.

Literatopia: Vielen Dank für das Interview, Nina!


Dieses Interview wurde von Judith Gor für Literatopia geführt. Alle Rechte vorbehalten.