Verlag: cbj (15. November 2010)
Gebundene Ausgabe: 508 Seiten; 18,99 €
ISBN-13: 978-3570138342
Genre: Fantasy
Klappentext
„Manche Dinge bleiben besser für immer unentdeckt.“
Nur kurz denkt Sophia an diesen Rat, als sie das Erbe ihres geheimnisvollen Großvaters annimmt: Der alte Mann, den sie selbst nie gekannt hat, vermacht ihr eine komplexe kleine Maschine, die wie ein Uhrwerk voller Zahnrädchen und Halbkugeln aussieht. Und dazu einen Schlüssel – vor dem ein Brief des Großvaters eindringlich warnt. Der verbotene Schlüssel – Sophia kann ihm nicht widerstehen. Sie zieht das Uhrwerk auf und findet sich in einem bizarren, gefährlichen Reich wieder …
Abenteuerlich, originell, spannend und klug – von Ralf Isau, dem Meister des fantastischen Romans!
Rezension
In seinem neueste Roman beschäftigt sich Ralf Isaus genau wie in „Der Herr der Unruhe“ mit der Zeit oder besser gesagt mit Uhren.
Verborgen in einem Fabergé – Ei befindet sich ein weiteres hoher handwerklicher Kunst, das sogenannte Nürnberger-Ei. Dieses beinhaltet etwas einzigartiges, den kosmischen Mechanismus. Als Sophia, Erbin des seltsamen Fabergé – Eis und Enkelin von Ole Kollin, ein Nachfahre des Goldschmiedes, der einst das erste Ei für Fabergé herstellte, den Schlüssel in das Nürnberger- Ei steckt und dreht, findet sie sich mit einem Mal in Mekanis wieder. Einer Welt, die kalt ist und nur aus Metall besteht. Automaten bevölkern Mekanis, mit einer Ausnahme: Theo ein Junge im etwa gleichen Alter wie Sophia, lebt hier schon seit 2000 Jahren, ohne je einen Weg aus Mekanis gefunden zu haben. Er erklärt ihr, welch gefährliche Ereignisse sie mit dem Drehen des Schlüssels ausgelöst hat. Die Welt, die sie kennt hat den Platz mit Mekanis getauscht und steht nun statt seiner still. Um sie wieder in den alten Zustand zu versetzen genügt es den Schlüssel erneut zu drehen und abzuwarten, bis der Mechanismus wieder still steht. So einfach dies klingt, ist es doch leider etwas komplizierter. Denn Oros, der Herr der Zeit, ist hinter dem Ei und damit dem kosmischen Mechanismus her, um seine Welt und die Welt der Menschen endgültig die Plätze tauschen zu lassen. Und so entwickelt sich eine wilde Hetzjagd, durch Berlin und die Schweiz. Auf der Flucht müssen Theo und Sophia versuchen einen Weg zu finden, die Bedrohung endgültig zu beseitigen. Dazu müssen sie aber erstmal den Schlüssel finden, der sich irgendwo in Theos Geschichte verbirgt.
Eigentlich eine recht spannende Geschichte die Ralf Isau in „Der verbotene Schlüssel“ erzählt. Im Prinzip ist alles enthalten. Action, Spannung, Rätsel und sogar noch Bezugspunkte zur Geschichte, die das Geschehen in unserer Welt verankern. Also alles ideal um eine wirklich packende Geschichte zu erzählen. Leider scheitert Isau aber daran. Der Grund ist mir Sicherheit nicht die Geschichte und die Idee selbst. Nein, vielmehr liegt es an anderen Dingen.
An seinen Charakteren und seinem grundsätzlichen Stil in diesem Buch. Zum einem übertreibt Ralf Isau es hier mit den Hetzjagden und Verfolgungen. Sophia und Theo kommen kaum zur Ruhe. Andauernd laufen sie weg, so dass sich kaum ruhige Momente finden. Dies kann Spannung erzeugen, aber bei „Der verbotene Schlüssel“ nicht, denn dazu sind die Szenen viel zu häufig, Dadurch kann man als Leser keine emotionale Bindung zu den Charakteren aufbauen, was wiederum dazu führt, dass man zwar deren Schwierigkeiten wahrnimmt, es aber irgendwie ermüdend wird, sie rennen zu sehen. Einen fahlen Beigeschmack hinterlassen die dann doch hin und wieder auftauchenden ruhigen Momente der Geschichte, in denen Theo seine Geschichte erzählt. Man merkt förmlich, dass Ralf Isau sie nur eingebaut hat, um seinen Hintergrund auszubreiten und sie sonst keine Funktion besitzen. Die Charaktere bringen aber auch sie nicht voran. Vom Anfang bis Ende sind sie die gleichen Personen und entwickeln sich nicht ein bisschen weiter. Die behauptete Romanze zwischen seinen Hauptfiguren, Sophia und Theo, wirkt arg aufgesetzt.
Generell ist Ralf Isaus Schreibstil in diesem Buch seltsam kalt und steril. Zu Mekanis mag dies passend, zu der Welt der Menschen als Gegensatz aber leider überhaupt nicht.
Der einzige Lichtblick in dieser leblosen Welt ist Nico dei Rossi. Ein alter Uhrmachermeister, der den beiden Jugendlichen hilft. Hier spürt man etwas Wärme, sowohl vom Charakter als auch vom Schreiben. Fast hat man den Eindruck, Isau habe sich beim Schreiben dieser Szenen zum ersten Mal richtig wohl gefühlt. Denn hier findet man plötzlich einen nachvollziehbaren Charakter, der auch Gefühle vermitteln kann, etwas was seinen Hauptpersonen völlig abgeht. Sophia und Theo sind im Grunde beliebig austauschbar gegen jede andere Person, die einen einfällt, für den Roman würde es keinen Unterschied machen.
Hin und wieder hat Isau dann noch mit der Logik zu kämpfen. Mal reicht es aus, den Namen des Herrn der Zeit, Oros, auszusprechen, um ihn kurz darauf erschienen zu lassen, dann unterhalten sich die Hauptpersonen über ihn und er erscheint wochenlang nicht. Ebensolches gibt es auch beim Wechseln zwischen den Welten. Manches wirkt deshalb reichlich willkürlich von Isau in Szene gesetzt.
Einen großen Pluspunkt hat „Der verbotene Schlüssel“ dann aber doch noch. Und das ist die großartige Geschichtslektion, die man beim Lesen erhält. Isau scheint seinen Hintergrund genau recherchiert zu haben. Egal, um was es geht, man hat das Gefühlt, er habe sich ausgiebig mit seinem Thema beschäftigt und dementsprechend sind so gut wie keine Lücken in seiner Erzählung, die sich auf die Vergangenheit beziehen. Er nimmt diese Fakten, fügt sie neu zusammen und versieht sie mit einem Spritzer Phantasie, trotzdem kann man viel Wissen aus ihnen gewinnen.
Leider vergisst Isau über den ganzen sehr gut recherchierten Hintergrund eine packende Geschichte zu erzählen und so verliert sich der Leser in Bauwerken und Geschichtsanmerkungen, ohne voran zu kommen. Alles Informationen, die man auch in Lexika nachlesen könnte und die das Buch nur aufblähen. Fast mutet es ein bisschen selbstverliebt an, wenn Isau ein ums andere Mal mit Fremdworten um sich wirft und seine Figuren philosophieren lässt.
Als Roman ist „Der verbotene Schlüssel“ nicht unbedingt gelungen, als Nachschlagewerk über Fabergé und Poseidonios gibt das Buch schon mehr her.
Alles in allem beschäftigt sich Isau in „Der verbotene Schlüssel“ mit einem Thema, welches schon andere Autoren behandelt haben. Allen voran Michael Ende in „Momo“ und „Die unendliche Geschichte“. Der Unterschied zwischen seinen Werken und dem von Isau ist, dass man in ihnen die Leidenschaft, die Phantasie und Atmosphäre, sogar die Denkanstöße findet, die Isau gerne nach seinem Nachwort in seiner Geschichte hätte. Wo Michael Ende seine „Unendliche Geschichte“ mit Leben versehen hat und seine Beschreibungen bildlich werden, sind Isaus nur kalt und vor allem relativ nichtssagend. Im Gegensatz zu Michael Ende ist ihn nur ein leidlich unterhaltsamer Roman gelungen, der viel zu sehr die Recherche des Autors in den Vordergrund stellt, statt sich mit Charakteren und Geschichte auseinanderzusetzen. "Der verbotene Schlüssel" ist nicht schlecht, aber eben leider auch nichts besonderes.
Fazit
Der verbotene Schlüssel ist ein durchschnittliches Buch, mit durchschnittlichen Charakteren, durchschnittlicher Handlung und durchschnittlicher Spannung. Dazu kommen noch pseudophilosophische verwirrende Aussagen über die Zeit, so dass das Buch gerade eben für Zwischendurch geeignet ist, aber nicht mehr. Wer einen Roman, der zum Nachdenken anregt sucht, ist hier fehl am Platze, auch wenn es Isau im seinem Nachwort gerne anders sieht.
Pro & Contra
+ ausgiebige Recherche
- der Hintergrund erdrückt die Geschichte.
- blasse Durchschnittscharaktere
- seltsam kalter Erzählstil
- wenig lebendig
Bewertung:
Handlung: 3/5
Charaktere: 2,5/5
Lesespaß: 2,5/5
Preis/Leistung: 3,5/5