
Genre: Mysterie, Jugendbuch
Klappentext
Die Bande des Bluts sind stärker als der Tod.
Kalkutta 1932. Ben und seine Freunde von der geheimen Chowbar Society
sind gerade sechzehn geworden. Es ist Zeit, das Waisenhaus zu
verlassen, in dem sie aufgewachsen sind. Bei der Abschiedsfeier taucht
plötzlich eine alte Frau mit einem jungen Mädchen auf, das Ben sofort
fasziniert. Wer ist sie? Als die beiden dahinterkommen, was sie
tatsächlich miteinander verbindet, befinden sie sich schon mitten in
einem mörderischen Strudel, der sie tief in die Unterwelt Kalkuttas
zieht. Ein Schatten aus der Vergangenheit trachtet ihnen nach dem
Leben. Und er ist ihnen näher, als sie ahnen…
Rezension
Mit „Mitternachtspalast“ liegt nun Zafóns „Nebeltrilogie“ vollständig
in deutscher Sprache vor. Und das einheitlich in schöner Aufmachung –
auch wenn der Fischer-Verlag bei diesem letzten Buch am Leseband spart.
Wer bereits die anderen Bände der Nebel-Trilogie kennt, den wird
„Mitternachtspalast“ kaum überraschen. Und das soll das Buch auch gar
nicht; vielmehr sind die einzelnen Bände als Variationen desselben
Grundthemas zu verstehen; ein böser Geist aus der Vergangenheit, der
nun den Protagonisten das Leben schwer macht – was zweimal klappt, wird
wohl auch noch ein drittes Mal klappen?
Das tut es – zumindest teilweise. Dennoch ist „Mitternachtspalast“ das schwächste Buch der Trilogie.
Trotzdem: Auch wenn es nicht an die anderen Bände heranreicht, so ist
aber wenigstens in Ansätzen deren erzählerische Genialität spürbar.
So schafft Zafón beispielsweise mit dem Kalkutta der 1930er Jahre zwar
einen vielversprechenden und außergewöhnlichen Schauplatz, kann dabei
aber nicht ganz die dichte Atmosphäre der von der Idee her sogar
banaleren Schauplätze der anderen Bände erzeugen. Trotzdem bleibt das
Setting – gemessen an anderen Büchern – ideenreich und fesselnd. Zafóns
Gespür für magisch anmutende Orte erweist sich ein weiteres Mal als
zuverlässig, seien es alte Villen oder – ein besonders
außergewöhnlicher Schauplatz – die ausgebrannte Ruine des einst
modernsten Bahnhofes von ganz Indien. Zafón schafft es durchaus, mit
seinen Worten Bilder in die Köpfe der Leser zu zaubern – nur eben
diesmal nicht ganz so intensive wie in anderen seiner Bücher.
Nichtsdestotrotz pflegt Zafón einen sehr angenehmen Sprachstil, der im
Bereich der Jugendbücher angenehm aus der Masse hervorsticht.
Denn man sollte wieder einmal nicht vergessen, dass
„Mitternachtspalast“ – wie alle Bücher der Nebel-Trilogie – als
Jugendbuch konzipiert ist. Dieser Tatsache dürfte unter anderem auch
der einfach gehaltene Handlungsaufbau geschuldet sein; linear und nach
dem Schema „Antagonist agiert – Protagonist reagiert“ gestrickt, darf
man seine Erwartungen, was die Elemente des Storytelling anbelangt,
nicht allzu hoch schrauben.
Hatten „Der dunkle Wächter“ und „Der Fürst des Nebels“ jeweils nur
wenige Hauptcharaktere, wartet „Mitternachtspalast“ gleich mit einer
ganzen Gruppe Jugendlicher auf. Leider kann Zafón keinem davon wirklich
Tiefe verleihen – vielmehr fühlt man sich an die für Jugendbücher so
typische Besetzung an Charakteren erinnert. Immerhin schafft er es
aber, deren Vergangenheit mit einzubeziehen und glaubhaft mit den
mystischen Elementen der Handlung zu verknüpfen. So überzeugt der
Antagonist als „böser Geist aus der Vergangenheit“ größtenteils –
allenfalls dessen Beweggründe bleiben größtenteils im Verborgenen, wie
man das auch schon aus den anderen Büchern kennt. Schön ist aber, dass
wenigstens in Ansätzen die Motive behandelt werden und man nicht
schlichtweg mit „dem Bösen“ konfrontiert wird.
Fazit
Zwar schimmert Zafóns großartiges erzählerisches Talent ab und an
durch, trotzdem reicht „Mitternachtspalast“ nicht an seine anderen
Werke heran. Wer Zafón kennen lernen möchte, sollte lieber zu den
anderen Bänden der „Nebel-Trilogie“ greifen.
Pro & Kontra
+ spannendes Setting
+ schöne Sprache
- Charaktere ohne sonderliche Tiefe
- Handlung nicht sonderlich originell
Wertung:
Handlung: 2,5/5
Charaktere: 3/5
Lesespaß: 3,5/5
Preis/Leistung: 3,5/5