Horst Gotta von Splitter (13.12.2010)

Interview mit Horst Gotta von Splitter

Literatopia: Hallo Horst! Wer Comics liebt, kommt an Splitter nicht vorbei. Aber stellt Euch doch bitte erst einmal kurz vor. Welche Aufgaben erfüllt Ihr jeweils im Verlag?

Horst Gotta: Wer Comics liebt, kommt nicht an Splitter vorbei… darauf bleibt uns nur zu antworten: weil wir Comics lieben, kamen auch wir nicht an Splitter vorbei! :) All das bisher Geschehene war nur eine logische Folge unserer jeweiligen Lebensumstände. Comics spiel(t)en bei Delia, Dirk und mir schon seit unserer Jugend eine große Rolle (wenn nicht sogar die Größte) und wir alle drei hatten uns beruflich schon lange in diese Richtung orientiert. Da war der letzet Schritt zum eigenen Verlage fast nur noch ein Formalie.

Wer macht was im Verlag?

In Summe sind wir 3 Teilinhaber der Splitter GmbH & Co KG und haben einen Angestellten / Lektor (den Dominik). Delia ist die eingetragene Geschäftsführerin.
Das überträgt sich auch etwas in die Arbeitsgebiete, denn dadurch ist Delias „wichtigster“ Job die Führung des Alltagsgeschäfts in Gelddingen. Sie herrscht über die Gelder und führt alle Konten sowie die sonstige Buchführung. Außerdem ist sie hauptsächlich für Übersetzung, Lettering und DTP zuständig. Sie liest Korrektur und berät uns alle auch beim Einkauf, denn sie kann gut französisch, und die Originale vorlesen, während Dirk und ich beim Einkauf „überwiegend nur“ auf die Bilder schauen! ;-)

Der Einkauf ist eines der großen Felder von Dirk, er führt vorrangig die Lizenzgespräche, knüpft die Kontakte und hält sie aufrecht. Dies macht er in Absprache mit uns und mit Unterstützung von Tanja, unserer festen freien Mitarbeiterin, in Paris. Sie wiederum übersetzt viele unserer Titel – in jedem Fall übersetzt keiner mehr, als sie. Dann bearbeitet Dirk das große Feld der Layouts. Das heißt die meisten Titelabbildungen, Logos und Montagen kommen aus seiner Hand. Er macht die meisten DTP-Jobs und viele Letterings. Ebenso kommunizieren hauptsächlich er und ich mit den Berufskollegen, den Lesern, den Fans und der Presse. Letzteres wird aber immer zum Arbeitsgebiet von Dominik umgeschichtet. Dafür ist wiederum er eingestellt. Er soll Splitter „kommunikativ“ halten. Seine Hauptaufgabengebiete sind der E-Mail-Verkehr und der Online-Shop sowie die neuen Blogs.

Ich selbst arbeite vorrangig an der Herstellung und Bearbeitung der Alben. Das geht von der Druckkalkulation über die Abwicklung aber auch in die Druckvorbereitung. Also auch hier steht die Montage, das Lettering und Layout-Arbeit fast täglich an. Ich betreue die Erscheinung der Splitterbücher (eben die Qualität und die Specials). Dazu gehört auch im Vorfeld das Gebiet der Bildbearbeitung. Alles, was nicht optimal ist wird von mir aufgepeppt – also Bildretusche, Säuberungen, Restauration etc. bei älterem Material. Ich mache die Animationen, die Web-Specials, den Newsletter, die Photos und den Kontakt nach Erscheinen der Bücher – also die Rezi-Betreuung, die Fan-Betreuung, Reklamationen etc. Wobei auch dieses Gebiet immer mehr in die Hände von Dominik überführt wird.

Zu erwähnen wäre noch, dass Dirk und ich auch während der Splitter-Ära immer auch noch parallel als Comiczeichner und Illustratoren unterwegs sind. So ist z. B. Dirk einer der führenden Perry Rhodan Illustratoren und wir arbeiten dort, aber auch z. B. bei der Wolkenvolk-Trilogie (in unserem Verlag erschienen) zusammen.

Literatopia: Wann habt Ihr Eure Leidenschaft für Comics entdeckt? Und wie kam es dazu, dass Ihr Euer Hobby zum Beruf gemacht habt?

Horst Gotta: Diese Leidenschaft ist uns allen drei wohl die Wiege gelegt. Natürlich hat das etwas mit Kindheitserfahrungen zu tun (ich z. B. lebte die Comics beim Lesen wirklich mit), aber auch mit der späteren beruflichen Orientierung. Wenn man Kreativ sein möchte und etwas zum Zeichnen sucht, dann gibt es gar nicht so viele Berufszweige und Branchen wo man alles ideal verbinden kann.

Da bleibt z. B. das große Feld der Werbung zwar als Umsatzbringer im Auge – auch wir arbeiten hin und wieder dort -, aber die individuelle Freiheit und Kreativität bleibt da deutlich geringer.

Literatopia: Welche Genres findet der geneigte Leser bei Splitter? Habt Ihr Euch auf bestimmte Comics spezialisiert oder findet sich quasi alles von Crime über Fantasy bis hin zu Humor und Science Fiction?

Horst Gotta: Die Basis unseres Sortiments machte bisher und für die Zukunft das Feld der Science Fiction und der Fantasy aus. Wir hatten dies aber schon erfolgreich um History und Western erweitert und auch die Form der persönlichen Erzählungen (z. B. die grafischen Novellen) und auch Funnies haben in das Programm Einzug gehalten. In jedem Fall bieten wir auch in Zukunft jeden Monat immer auch mindestens eine – oft mehrere – Alternativen. Dabei sind alle Schritte von Anfang an so geplant und die Erweiterung der Thematiken wird fortschreiten während der Ursprung nicht vergessen wird. Das ist das eigentlich zugrundliegende Konzept. … Und was ist der Ursprung für all dies?

Zuallererst sind wir in eine Lücke gestartet, die sich seit dem Jahre 2000 so langsam breit machte.

Nach den sehr erfolgreichen 80ern und 90ern im Segment der SF und Fantasy – ich nenn es mal die Heavy Metal-Aera – waren diese Comics ein fester Bestandteil der deutschen Comic-Albenwelt. Im Laufe der Jahre jedoch verabschiedeten sich einige Verlage (wahrscheinlich aus den unterschiedlichsten Gründen) aus diesem Segment. Und schwupps war die Lücke da, denn der Leser war ja nicht gleichermaßen verlorengegangen. Und so entstand unsere deutliche Prägung zum Start im Jahre 2006 und brachte uns von Anfang an den Erfolg, um das Programm zügig auszubauen.

Literatopia: Welche Genres bevorzugt Ihr persönlich? Und welche Titel aus dem Splitter-Programm haben es Euch besonders angetan?

Horst Gotta: Delia mag vorwiegend interessante, am Menschen orientierte, Geschichten – ich glaube nicht, dass sie so themenorientiert ist, wie Dirk und ich. Dirk ist da jedoch viele eindeutiger der Fantasy zu orientiert und ich mag am meisten SF und Western.

Delia mag Titel wie Alice im Wunderland, Oh, diese Mädchen, Lucies Welt und Garulfo.

Dirk bevorzugt die phantastische Literatur und findet das Goldene Jahrhundert toll und natürlich Die Schifbrüchigen von Ythaq sowie Orbital
Meine Favoriten sind der aktuell laufende Comanche … aber auch unserer Bestseller STORM und Die Schiffbrüchigen von Ythaq.

Literatopia: Was muss man beim Veröffentlichen von Comics besonders beachten? Wo sind die kritischen Punkte auf dem Weg zum fertigen Buch?

Horst Gotta: Oh, wir achten eigentlich auf „Alles“… und ich glaube auch, dass dieser Blick das A und O eines guten Verlages darstellt, denn jeder Kunde blickt mit seinen eigenen Augen auf unserer Bücher und jeder wird uns mit seiner speziellen Vorlieben daran messen.

Aber natürlich steht die Geschichte in Story und Artwork an vorderster Stelle. Danach orientieren wir uns bei der Programmauswahl und daran soll man uns auch messen.

Literatopia: Wer entscheidet bei Euch, was veröffentlicht wird? Und wie läuft das konkret ab, wenn Ihr beispielsweise einen Titel aus dem Ausland in Deutschland herausbringen wollt?

Horst Gotta: In der Regel schauen wir alle gemeinsam die einzelnen Titel heraus. Nur wenige Titel werden einem der Macher alleine „gegönnt“. In der Reihenfolge der Vorauswahl ist aber Dirk am agilsten, denn er ist der Kontaktpartner für die Lizenzgeber und auf seinem Tisch landet das meiste Material und dies erst einmal ungefiltert. Auf dieser Basis beginnt die interne Auswahl.

Literatopia: Im September ist die zweite Sky Doll Collection bei Euch erschienen, ein Sammelband mit Kurzgeschichten aus dem Sky Doll Universum. Die Reihe selbst wird allerdings bei Carlsen veröffentlicht. Wie kam es dazu, dass Ihr die Collections rausbringt?

Horst Gotta: Da Soleil so etwas wie unser Haus- und Hoflieferant für Lizenzen ist, sind wir fast täglich in Gesprächen und irgendwann lag der Titel (durch Zufall?) auf dem Tisch. Da wir alle drei Fans der Hauptserie sind haben wir auch gleich unser Interesse bekundet und der Zuschlag kam wenige
Tage (wohl nach Rücksprache Soleils mit Carlsen) später. ... So einfach war das! :-)

Literatopia: Wie hoch sind Eure Auflagen durchschnittlich? Und welche Reihen kamen bisher besonders gut bei den Lesern an und sind bereits in mehrfacher Auflage erschienen? Und gab es auch regelrechte „Flops“?

Horst Gotta: Wir starteten mit Auflagen von 1.700 bis 2.500 im Jahre 2006 und drucken jetzt von 2.000 bis 7.000 Stück bei Erstauflagen. In Quersumme dürften wir knapp über 3.000 liegen. Wir haben uns also je Titel um ca. 50% gesteigert. In Summe des Gesamtprogrammes sind es aber viel viel mehr, denn damals brachten 2 Titel je Monat auf den Markt und heute sind wir mit dem Tochterlabel Toonfish und den Zweitauflagen bei mind. 10 Titeln im Monat. Splitter ist heute im Umsatz ca. 6 mal so groß wie vor 3 Jahren!
Regelmäßige Zweitauflagen haben wir z. B. bei: Die Schiffbrüchigen von Ythaq, STORM, UWO, DRUIDEN… und vielen mehr, aber diese Zweitauflagen werden im Moment weniger, denn wir erhöhen aktuell die Erstauflagen der gut laufenden Serien.

Eine „richtigen“ Flop haben wir nicht… in Summe bleibt nur anzumerken, dass alle „funnie- und
Jung angehauchtes“ Material läuft eher weniger und je realistischer, desto besser.
Man spürt halt schon stark, dass unsere Comicleser „keine Kinder“ sind! ;-)

Literatopia: Habt Ihr auch Comics von deutschen Zeichnern oder sind die eher Mangelware? Und wie erlebt Ihr die deutsche Comicszene?

Horst Gotta: Wir starteten schon vor 3 Jahren mit insgesamt 4 deutschen Projekten/Künstlern. Leider ist daraus (aus den unterschiedlichsten Gründen) nur die Adaption der Wolkenvolk-Trilogie zum regelmäßigen Produkt gereift. An einem fehlenden Engagement unsererseits hat es jedoch sicher nicht gelegen, da wir hier mehr wollten, als wir dann wirklich erreichten. … Das ist aber auch nicht wichtig, denn wir orientieren uns im Moment noch einmal neu und sogar kräftiger in diese Richtung und werden bald den neuen Anlauf sichtbar werden lassen! ;-)

Literatopia: Wie wichtig ist Euch eine gelungene Aufmachung bei einem Comic? Glaubt Ihr, schöne Comics sind eher Sammlerstücke als Romane?

Horst Gotta: Unsere Produkte sind ganz klar auch als Sammlerstücke geeignet und ein Teil unseres Wachstums besteht sicher auch darin, dass wir bei manchem Leser auch die Sammelleidenschaft wiedererweckt haben. In den 80er und 90ern gab es andere Verlage, die sich hier hervortaten… nun sind wir es!

Literatopia: Die Gestaltung Eurer Kataloge kann man nur als rundum gelungen bezeichnen. Neben den reinen Infos gibt es noch eine Leseprobe obendrauf. Wer ist für die Gestaltung zuständig? Und wie wichtig sind Leseproben für Comicleser?

Horst Gotta: Schon von Anfang an war es unser Hauptanliegen, dem Leser unsere Inhalte so „nahe wie möglich“ zu bringen und kaum ein Verlag hat so stark wie wir seine gesamte Produktpalette in Form von Leseproben im Katalog und im Online-Auftritt einsehbar. Dass dies im Katalog jetzt „nur noch“ 2 Seiten sind, liegt daran, dass wir jetzt schon 244 Seiten im Gesamten verbraten und wir da an Grenzen der Finanzierbarkeit stoßen.

Den Katalog bezeichnen nicht nur wir mittlerweile als eine „Bibel“!

Da, wo die Menge kein Preisproblem darstellt, im online-Auftritt, präsentieren wir auch weiterhin Leseproben satt! In der Regel sind es 10 Seiten! Mann kann bis Dato also ca. 2500 Seiten „Gratis-Comic“ lesen! ;-)

Literatopia: Erlebt Ihr, dass es für einen Comicverlag schwerer ist, sich bei der Presse bemerkbar zu machen? Wo erscheinen Rezensionen zu Euren Comics? Und wie schätzt Ihr in diesem Zusammenhang die Bedeutung von Onlineportalen ein?

Horst Gotta: Es ist nicht unbedingt schwer mit Comics die Presse zu erreichen, aber es ist schon schwerer dies mit bestimmten Themen zu erreichen. Unterhaltungslektüre muss sich da schon manchmal hinter den „Kulturtiteln“ anstellen. … Nicht schlimm, denn wir haben ab und zu auch richtig gute Kulturtitel! ;-)

Außerdem nimmt die Bedeutung der Online-Portale zu und hier zeigt sich die ganze "demokratische und kulturelle Bandbreite" des Internets. Wir beliefern ca. 20 Portale monatlich mit den aktuellen Titeln und auf Anfrage ca. die gleiche Summe noch einmal mit dann themenspezifisch ausgesuchten Alben. Das sind dann schon so viele Kontakte, dass man da von einer spürbaren Wirkung ausgehen kann.

Literatopia: Ihr seid unter anderem auf den Plattformen comicguide und comicforum vertreten und sucht dort den direkten Kontakt mit den Fans. Wie sieht dieser Kontakt konkret aus?

Horst Gotta: Die jeweiligen Comicforen sind heute ein wichtiger Bestandteil bei der Kommunikation mit den Lesern und den Fans. Dabei sind wir dankbar für diese Kontaktmöglichkeit und nutzen sie auch ausgiebig. Als ehemaliger Leser sind wir ja genau aus diesem Pool „erwachsen und sprechen da eine Sprache mit unseren Fans. Die Kommunikation läuft zu 99% schnell, direkt und positiv. Bei uns funktioniert alles, wie es sein sollte.

Literatopia: Was findet neben ausgewählten Comics den Weg in Euer Bücherregal? Hängt Ihr am Bild oder darf es auch mal ein Roman mit tausend Seiten sein?

Horst Gotta: ich selbst habe wenige Zeit zum Lesen langer Romane. Meine Vorlieben liegen im SF und dabei mehr im „Geistigen“ SF, was sich also nicht unbedingt mit Star Wars im Einklang findet. Ich bin ein großer Fan von Herbert W. Franke (Gedankennetz, Elfenbeinturn etc.).

Bei Delia sind 1.000 Seiten eher das Minimum. :)

Ihr letztes Buch hieß Landkarte der Zeit (Zeitreise-Thematik) und sie ist Stephen King, Jon Irving und Kai Meyer Fan.
Dirks Zeitkontingente sprechen ebenfalls gegen überlange Schmöker. Trotzdem hat er welche gelesen. Und zwar: Das Parfüm und Arkadien erwacht (ebenfalls Kai Meyer).

Literatopia: Was wird uns im Frühjahr 2011 bei Splitter erwarten? Auf welche Spitzentitel und Geheimtipps können sich die Fans freuen?

Horst Gotta: Schon in einigen Tagen starten wir wieder unseren beliebten Vorhang und das bedeutet: bei Splitter wird es einige Überraschungen geben ,die einer besonderen Präsentation Wert sind. Das sind Spitzentitel auf der einen Seite, aber auch besondere Reihen, die man so bei Splitter vielleicht nicht erwartet hätte. Ich sage es mal so: internationale Blockbuster, nationale Überraschungen und weltweitbekannte Medientitel. All das steht für das kommende Jahr an. Es gibt wieder mal ein Jahr mit vielen Feuerwerken und einen guten Grund haben wir sowieso dazu: Splitter wird im kommenden Sommer 5 Jahre alt! :)

Und wie bei uns üblich wollen wir die Chance nutzen und auch an dieser Stelle allen unseren Lesern dafür danken, dass sie diesen Traum möglich mach(t)en. Danke!

Literatopia: Vielen Dank für das Interview!


Ausgewählte Rezensionen zu Splitter-Titeln (jeweils Band 1):

"Finsternis - Ion"

"Die Legende der scharlachroten Wolke" 

"Das Wolkenvolk : Seide und Schwert - Wisperwind"

"Skydoll Spaceship Collection"

"Fee"

"Monsieur Mardi-Gras - Unter Knochen"

"Yiu - Die Armee des Neomülls"

"Prometheus"

"Belladonna - Marie"

"Siegfried" 


Dieses Interview wurde von Judith Gor für Literatopia geführt. Alle Rechte vorbehalten.