Smaragdgrün (Kerstin Gier)



Verlag Arena, Dezember 2010
HC, 487 Seiten, € 18,95
ISBN 978- 3401063485

Genre: Fantasy, Jugendbuch


Klappentext:

Was tut man, wenn einem das Herz gebrochen wurde? Richtig, man telefoniert mit der besten Freundin, isst Schokolade und suhlt sich wochenlang im Unglück. Dumm nur, dass Gwendolyn, Zeitreisende wider Willen, ihre Energie für ganz andere Dinge braucht: zum Überleben zum Beispiel. Denn die Fäden, die der zwielichtige Graf von Saint Germain in der Vergangenheit gesponnen hat, ziehen sich nun auch in der Gegenwart zu einem gefährlichen Netz zusammen. Um dem Geheimnis auf die Spur zu kommen, müssen Gwendolyn und Gideon – Liebeskummer hin oder her – nicht nur auf einem rauschenden Ball im 17. Jahrhundert zusammen Menuett tanzen, sondern sich in jeder Zeit kopfüber ins Abenteuer stürzen…


Die Autorin:

Kerstin Gier, Jahrgang 1966, hat als mehr oder weniger arbeitslose Diplompädagogin 1995 mit dem Schreiben begonnen. Mit riesigem Erfolg: Gleich ihr Erstling –Männer und andere Katastrophen- wurde mit Heike Makatsch in der Hauptrolle verfilmt. Inzwischen stehen ihre Romane wie –In Wahrheit wird viel mehr gelogen- und –Gegensätze ziehen sich aus- regelmäßig auf den Bestellerlisten. Ihre Trilogie mit den Abenteuern von Gideon und Gwendolyn, die inzwischen unter anderem auch in den USA und England erscheint, konnte ihre Erfolge noch einmal toppen. Kerstin Gier avancierte mittlerweile zu einer der bekanntesten deutschsprachigen Autoren für jüngere Leser. Die DeLIA Preisträgerin wohnt mit ihrer Familie in der Nähe von Bergisch Gladbach.


Rezension:

Gideon und Gwendolyn, küssen sich unterm Baldachin, Baldachin der krachte, Xemerius, der lachte…

Da liegt er nun, der unwiederbringlich letzte Teil der Edelsteintrilogie, und strahlt im grünen Glanze. Lesen oder nicht lesen – das ist hier die Frage, denn hat man es erst einmal aufgeschlagen, ist man seiner Faszination erlegen. Aber Vorfreude ist nun mal die schönste Freude, hat man es erst einmal gelesen, so ist es vorbei mit der außergewöhnlichen Geschichte mit Gideon, Gwendolyn und all ihren herrlich lebendigen Freunden. Und mit den Zeitreisen, ihren tollen Kostümen und den damit verbundenen Personen. Liebt Gideon wirklich Gwenny? Was passiert, wenn im Chronographen das Blut aller zwölf Edelsteine eingelesen ist? Wollen wir es wirklich wissen? Ja – wir wollen und unsere Neugier wird wieder mit einer ungewöhnlich spannenden und trickreichen Geschichte belohnt, Tränenausbrüche und Freudengelächter inklusive.

Zeitreisen sind kompliziert – und äußerst verwirrend. Man kann Briefe hinterlassen, um sich mit geliebten Personen an bestimmten Orten zu treffen, oder man kann auch Briefe übergeben, die wichtige Informationen über bestimmte Ereignisse enthalten. Anschließend muss man dann wieder ein wenig früher elapsieren – d.h. in die Zeit springen – um die Briefe wieder abzufangen, denn die Ereignisse haben sich geändert. Aufgrund von vorherigen Zeitsprüngen oder neuen Informationen, man weiß es nicht, denn die beiden Sachen sind unmittelbar miteinander verwoben, das eine ist oft eine direkte Konsequenz des anderen. Außerdem muss man aufpassen, dass man nicht zuviel von der Zukunft verrät oder entscheidend eingreift, denn das würde ja ganze Leben verändern. Und irgendwann ist man einfach erschlagen ob der ganzen Möglichkeiten, die einem als Zeitreisenden geboten werden. Man darf auch nie vergessen, dass für den Zeitreisenden nur ein Tag vergeht, für den anderen, den er wieder trifft, vielleicht ein halbes Leben. Verwirrend? Und ob – und leider verliert Kerstin Gier auch eine Menge Raum daran, Überlegungen der Protagonisten über Was Wäre Wenn einzuflechten. Den Überblick über die ganzen Auswirkungen der Sprünge zu behalten, ist wie U-Bahn bauen im Kopf, wie Paul einmal treffend bemerkt. Es zieht sich immer wieder durch die Geschichte, Überlegungen und Planungen, was ein bisschen verlorene Lesezeit ist, die eigentlich besser für andere Sachen genutzt werden könnte. Viel lieber würde man mehr über Leslie und Raphael lesen, über Grace und Tante Maddy, über Mr. Bernhard, Mr. George und selbst über Mr. Marley gäbe es bestimmt noch so viel Interessantes zu berichten. Man hat sie alle lieb gewonnen und möchte sie am liebsten gar nicht mehr hergeben – aber irgendwann ist auch dieses exquisite Buch einfach zu Ende. Dafür endet es aber mit einem Paukenschlag, denn die Autorin kann noch verblüffen, ihrem Einfallsreichtum sind keine Grenzen gesetzt.

Obwohl in der Gegenwart das Vergangene bereits geschehen ist, muss man alle Vorsicht aufbieten, um das Gegenwärtige nicht durch das Vergangene zu gefährden, indem man es gegenwärtig macht.
Seite 203


Kerstin Gier hat mit dieser Trilogie ein absolutes Highlight geschaffen, mit ihrer humorigen Art und dem tiefgründigen Witz ist es ein wahres Lesevergnügen. Die Trilogie bietet alles, was ein gutes Buch bieten sollte, Spannung, interessante Themen, tiefgründige Charaktere, geheimnisvolles Setting und jede Menge Geheimnisse, deren Lösungen in packenden Abenteuern gefunden werden. Nichts ist vorhersehbar, ungewöhnliche Wendungen verleihen pikante Würze und die Charaktere sind zum Dahinschmelzen – selbst die Bösen. Ein Buch für jedes Alter, insgeheim würde jede Frau bei Gideons Worten zu Gwen dahinschmelzen. Der Schreibstil ist zwar einfach aber ungemein lebendig, er zieht einen förmlich ins Buch hinein. Mit dem Ende ist die Autorin ein kleines Risiko eingegangen, die Lösung wirkt zwar etwas übertrieben, aber tief in unseren Herzen wünschen wir es uns alle, bestimmt ging ein kollektives Seufzen durch das Land. Romantik pur, aber niemals kitschig oder klischeebehaftet, immer herzerwärmend und mit ihrer ganz eigenen Art der Situationskomik ausgestattet.

Trotz aller Euphorie über dieses Meisterstück gibt es doch ein kleines bisschen Kritik, die Überlegungen Wer Was Wann Warum und Wieso waren einfach zu ausufernd und zu verwirrend. Teilweise hatte man den Eindruck, dass die Autorin selbst in Erklärungsnot geriet, der Durchblick fehlte, die Möglichkeiten der Zeitsprünge sind einfach zu komplex. Auch Gwendolyns Gabe, mit den Geistern zu reden, fiel größtenteils unter den Tisch, sie war halt da, wurde aber nicht genutzt. Für das Leserherz wären ein paar kleine Botschaften an die Lebenden einfach perfekt gewesen, vor allem, wer der schwarze unheimliche Geist wirklich war. Dafür hatte aber Xemerius seine großen Auftritte, er ist der fehlende Edelstein, der aus schönen Einzelteilen das perfekte Schmuckstück gestaltet. Die anderen Charaktere sind wie gewohnt tiefgründig und geheimnisbelastet, das Gute an den Zeitsprüngen ist ja, dass man auch bereits Verstorbene kennenlernen kann. Hier hätte das Buch doppelt so dick sein können, über verschiedene Leute kann man gar nicht genug erfahren. Wenigstens bekommt man einen Einblick in Charlottes Innenleben und kann sie nun auch ein bisschen besser verstehen.

Auch dieses Buch ist wieder sehr edel gestaltet. Dickes, angenehmes Papier, zweifarbig bedruckt, diesmal alles in Grün, ein Schutzumschlag aus dicker, pergamentähnlicher Qualität mit schwarzen Jugendstilornamenten und einem Pärchen aus lackähnlichen Material bedruckt machen das Buch zu einer wahren Augenweide. Der Preis ist der Qualität angemessen, diese Bücher sind wahre Schmuckstücke. Eigentlich sollten sie in keinem Bücherregal, was etwas auf sich hält, fehlen.


Fazit:

Das war’s – ein Feuerwerk an guter Laune geht zu Ende und versprüht noch einen opulenten Funkenregen. Donnerschlägen gleich prasseln die Ereignisse auf den Leser nieder. Hineingezogen in eine magische Welt, vergisst man den Alltag und möchte gar nicht wieder auftauchen. Die Protagonisten wirken lebensecht, man fühlt, leidet und freut sich mit ihnen wie mit guten Freunden und möchte sie gar nicht wieder hergeben. Himmelhochjauchzend zu Tode betrübt bleibt man zurück, ein Gefühl des Verlustes eines unendlich großartigen Lesevergnügens. Virtuell verneigt man sich vor der Autorin und ihrem Einfallsreichtum, man ist dankbar für ihren lebendigen und witzigen Stil, der zu keiner Zeit Langeweile aufkommen lässt.


Pro und Contra:

+ witzige Situationen
+ fesselnd
+ für alle Altersstufen geeignet
+ facettenreiche Charaktere
+ pointierte und bissige Bemerkungen
+ spannende Einblicke in die Vergangenheit
+ viele Handlungsstränge
+ interessantes Thema
+ viele zauberhafte Gestalten

o Zeitsprünge etwas verwirrend
o viele Spekulationen zu „Was wäre wenn“

Wertung:

Handlung: 4,5/5
Charaktere: 5/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 5/5


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