Verlag Fischer FJB, November 2010
Originaltitel Untamed, übersetzt von Christine Blum
HC, 511 Seiten, € 16,95
ISBN 978-3841420046
Genre: Jugend-Dark Fantasy
Klappentext:
Es ist absolut ätzend, wenn deine Freunde so richtig sauer auf dich sind. Zoey weiß, wovon sie spricht. In nur einer Woche trennen sich alle drei Typen, mit denen sie eigentlich gleichzeitig zusammen ist, von ihr und sie wird aus ihrem engen Freundeskreis, dem sie vertraut und in dem sie sich sicher fühlt, ausgeschlossen. Jetzt bleiben ihr nur noch zwei wirkliche Freunde, allerdings ist die eine untot und der andere nicht mal Gezeichnet. Außerdem hat die Hohepriesterin Neferet den Menschen den Krieg erklärt und Zoey ist sich ganz sicher, dass das falsch ist. Aber wird irgendjemand auf sie hören?
Ungezähmt ist der 4. Band der House of Night Serie, in dem Zoeys Abenteuer auf dem Vampyr Internat eine gefährliche Wendung nehmen. Erschreckende Wahrheiten kommen ans Licht und etwas Böses, aus einer fast vergessenen Zeit, erwacht zum Leben.
Rezension:
Von drei auf null – Zoey schafft es wieder einmal in Rekordzeit, ihr Leben auf den Kopf zu stellen. Innerhalb einer Stunde ist sie ihre männlichen Freunde und Bewunderer los. Warum hat sie sich auch nur mit Logan eingelassen, der ganz andere Motive hatte als sie. Ziemlich schnell wird sich Zoey ihrer Dummheit bewusst, zusätzlich stürmen noch schreckliche Ereignisse über die Schule wie ein Wirbelsturm herein. Der Tod zweier Lehrer kann nicht ungesühnt bleiben, Neferet rüstet auf und erklärt den Menschen den Krieg. Mit Shekinah kommt eine weitere Hohepriesterin ins House of Night, die erst einmal für Ordnung und Disziplin sorgt. Selbst Neferet kann sich ihr nicht entgegenstellen, ihre wahren Pläne muss sie vorläufig auf Eis legen. Die Ereignisse drücken auf Zoeys Gemüt, ohne ihre Freunde, die ihr immer noch die kalte Schulter zeigen, läuft sie deprimiert durch die Gegend und kann kaum einen klaren Gedanken fassen. Zu diesem Zeitpunkt macht ihr ein anderer Charakter in der Geschichte die Hauptrolle abspenstig, und zwar völlig zu Recht. Diesmal stellt Aphrodite Zoey völlig in den Schatten. Nach dem Debakel mit Stevie Rae ist Aphrodite anscheinend wieder zu einem Menschen geworden, ihr Tattoo auf der Stirn ist verblasst. Ihre Prophezeiungen sind aber immer noch wirksam, denn in rascher Folge hat sie mehrere Visionen hintereinander, die alle das gleiche Ende haben – Zoeys Tod. Zoey glaubt ihr vorbehaltlos, da sich Aphrodite immer mehr zu ihrer einzigen Verbündeten entpuppt. Ihre Freunde ignorieren sie weitgehendst, die Prägung mit ihrem Menschenfreund Heath besteht nicht mehr, und ausgerechnet der Vampyr Erik Night, der sie in einer verfänglichen Situation mit ihrem Lehrer Logan entdeckte, kommt als neuer Schauspiellehrer an die Schule zurück. Bei so viel Feindseligkeit ist es kein Wunder, dass sich Zoey von ihren Freunden immer mehr zurückzieht und sich lediglich Aphrodite und Stevie Rae anvertraut, da Neferet, die Leiterin des House of Night, deren Gedanken nicht lesen kann. Denn Neferet ist nicht die nette Hohepriesterin, wie sie sich in der Öffentlichkeit zeigt, im Geheimen hegt sie finstere Gedanken und will unbedingt nach den letzten Ereignissen einen Krieg gegen die Menschen anzetteln. Zoey möchte das unbedingt verhindern, aber ihr sind die Hände gebunden, denn niemand hört mehr auf sie. Wird sie es schaffen, ihre Freunde von ihren ehrlichen Absichten wieder zu überzeugen?
Im vierten Band der House of Night Serie verschieben sich fast unbemerkt die Gewichtungen. Aphrodite mausert sich zu einem Star, ihr Charakter ist unglaublich entwicklungsfähig, ihre Art herzerfrischend. Während Zoey sich in eine depressive Phase stürzt, nimmt sie die Geschicke in die Hand und mehr als einmal bewahrt sie die Ruhe und Übersicht in allzu hektischen Situationen. Leider vernachlässigt das Autorenduo die anderen Charaktere enorm, Zoeys Freunde bleiben sehr eindimensional und entwickeln sich zu reinen Mitläufer, die zu allem Ja sagen, was Zoey auch vorschlägt. Außer Aphrodite gibt es keine Alternativen zu ihnen, denn sämtliche andere Mitschüler bleiben blass und im Hintergrund. Hier offenbart sich wieder mal ein offensichtlicher Schwachpunkt der Geschichte, denn genau diese Schüler bilden den Schülerrat, was schon ziemlich grenzwertig ist. Mit Eric, der sich zum Vampyr gewandelt hat, verlässt ein Mitglied den Rat, und Zoey schaffte es einfach nicht, jemand Neues zu benennen. Mit dem Jungvampyr Stark, einem ausgezeichneten Bogenschützen und der liebenswerten und abgeklärten Nonne Mary Angela treten dafür wieder zwei interessante, neue Charaktere dazu. Wobei man sich bei Stark anfangs fragt, wieso er überhaupt erst in die Serie eingeführt wird, seine Rolle offenbart sich allerdings erst zum Ende hin.
Stevie Rae hat zwar mittlerweile dank Aphrodites Hilfe ihre Menschlichkeit wieder, trotzdem ist sie nicht mehr wie früher. Erleichtert, ihre beste Freundin wiederzuhaben, bemerkt Zoey die Veränderungen nicht, sie vertraut ihr weiterhin blindlings. Immerhin steckt sie viel Arbeit in Stevie Raes Lebensumstände und den weiteren Untoten, interessante Entwicklungen bahnen sich hier an. Auch Zoeys Großmutter taucht überraschend häufig auf, durch ihre Präsenz erfährt man so einiges über die Geschichte der Cherokees. Diese scheinen mit der weiteren Handlung verbunden zu sein, denn die Geschichte endet im Chaos. Wieder einmal erinnert das Ende stark an Harry Potter, erahnen, wie es weitergehen wird, kann man aber nicht. Die Autorinnen haben viele kleine Raffinessen in die Geschichte verpackt, der Stil ist erwachsener geworden und trieft geradezu vor Selbstironie, was einem nicht nur einmal ein Schmunzeln entlockt. Neferet zeigt endlich ihr wahres Gesicht und schafft es, fast alle zu blenden. Wird Zoey es mit ihren Freunden schaffen, sich gegen sie zu stellen und einen gigantischen Krieg verhindern können? Der nächste Band bringt uns bestimmt wieder einen Schritt weiter. Wieder einmal in herausragender Qualität ist es dem Verlag gelungen, eine Serie auch für das Auge herauszugeben.
Fazit:
Neue interessante Charaktere beleben die Geschichte, unvorhersehbare Wendungen halten die Spannung konstant oben. Der Stil ist nicht mehr ganz so flapsig, Zoey wirkt wieder glaubwürdiger. Aphrodite ist der wandelbarste Charakter in der Story, ihre Entwicklung macht einfach nur Spaß, ihre Aussprüche sowieso. Die Geschichte entwickelt sich rasant und in eine Richtung, die auf etwas Großes hindeutet, hoffentlich sind die Autorinnen dem gewachsen und verzetteln sich nicht zu sehr. Bisher wurden sie von Band zu Band besser und einfallsreicher, man darf gespannt auf das Kommende sein.
Pro und Contra:
+ ein Vampirinternat
+ interessante und ungewöhnliche Charaktere
+ unvorhersehbarer Plot
+ humorvoll
+ schöne Gestaltung des Buches
+ Plot geht in eine neue Richtung
+ unvorhergesehene Wendungen
+ Aphrodite
- Vampire werden zu verherrlicht
- Charaktere größtenteils stereotyp
- Zoeys Verwandlung zu schnell und zu unglaubwürdig
- zu viele Superkräfte bei ihr
- ihre Anziehungskraft auf Männer wirkt unrealistisch
Wertung:
Handlung: 4/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 4,5/5
Preis/Leistung: 4,5/5