Splitterherz (Bettina Belitz)

Script 5 (Januar 2010)
Hardcover, 630 Seiten, 19,90 EUR
ISBN: 978-3-8390-0105-9

Genre: Romantic Fantasy / Jugendbuch


Klappentext

„Etwas hat sich verändert. Ich kann es wittern. Die Luft ist weicher geworden, der Wald grüner, der Nachthimmel schwärzer. Der Mond weint, eine neue Seele ist da. Sie ist zart und zugleich hat sie Widerhaken. Sie schmeckt köstlich.“

Es gibt genau einen Grund, warum Elisabeth Sturm nicht mit fliegenden Fahnen vom platten Land zurück nach Köln geht, und dieser Grund heißt Colin. Der arrogante, unnahbare, aber leider auch äußerst faszinierende Colin gibt Ellie ein Rätsel nach dem anderen auf, und obwohl sie sich mit aller Macht dagegen wehrt, kann sie sich seiner Ausstrahlung nicht entziehen ...


Rezension

Ellie kann es kaum fassen: Ihre Eltern haben sie tatsächlich ein Jahr vor dem Abitur aufs Land verschleppt. Mühsam hatte sie sich an die Großstadt Köln gewöhnt, hatte Freundschaften geknüpft, die sich schon nach wenigen Wochen in der Pampa in Luft aufzulösen scheinen. In der neuen Schule kommt sie nur schwer zurecht und die übertriebe Umzugsfreude ihrer Eltern macht sie fast wahnsinnig. Hinzu kommen eigenartige Träume und ein unfreundlicher, ziemlich arroganter Kerl namens Colin. Und ausgerechnet ihn findet Ellie überaus faszinierend. Als sie ihn eines Abends beim Karatetraining beobachtet, erkennt sie die starke und reine Persönlichkeit unter der harten Fassade. Doch der aufkeimenden Freundschaft und Liebe werden tiefschwarze Steine in den Weg geworfen, den Colin ist ein Nachtmahr, ein dunkles Wesen, das sich von den Träumen anderer ernährt …

Der Atmosphäre des Romans merkt man die Herkunft der Autorin deutlich an. Ihre Liebe zum Landleben fließt aus jeder Seite und auch Ellie kann sich dem Zauber der Wiesen und Wälder nicht lange widersetzen. Zwar ist die wilde Einöde ungewohnt, doch findet sie ausgerechnet hier wieder mehr zu sich selbst. In Köln spielte sie allen etwas vor, um dazuzugehören, um sich zu integrieren. In Kaulenfeld nun entdeckt sie sich selbst wieder, was nicht zuletzt ihrer Begegnung mit Colin zu verdanken ist. Doch diese Bekanntschaft deckt dunkle Familiengeheimnisse auf und Ellie muss erkennen, dass ihr Vater sie ihr Leben lang belogen hat. Als sie auch noch die Wahrheit über Colins Herkunft erfährt, ist sie verwirrt und verängstigt. Zwar hat sie tiefes Vertrauen zu ihm, gleichzeitig steigert sie sich jedoch in regelrechte Horrorvisionen hinein. Und an diesem Punkt bleibt Ellie nicht mehr authentisch. Oftmals reagiert sie so überstürzt und unlogisch, dass man kaum glauben kann, dass sie eine hochbegabte Schülerin ist, die mit geringem Lernaufwand die besten Noten schreibt.

Colin hingegen ist ein erfrischend anderer Charakter. Er gibt sich nicht einfach nur unnahbar und entpuppt sich irgendwann als superromantischer Glücksgriff – nein, er bleibt recht distanziert und behält seine Ecken und Kanten. Die vielen Jahrzehnte der Einsamkeit haben tiefe Spuren hinterlassen und die spürt der Leser bis zum Ende. Die Beziehung zu Ellie gestaltet sich schwierig, zuweilen auch amüsant, jedoch selten zärtlich. Ihre Annäherung wird von Bettina Belitz sehr gefühlvoll beschrieben, man fiebert regelrecht jeder Seite entgegen, auf der die beiden die Kluft wenigstens ein Stück weit überwinden. „Splitterherz“ ist romantisch und kommt dabei meist ohne den üblichen Kitsch aus. Zusätzlich bringt Colins starke Bindung zu seinen Tieren viel Wärme in die doch oftmals düstere Geschichte.

Da der Roman aus Ellies Sicht geschrieben ist, erfährt man nahezu nichts über die Gedanken ihrer Eltern und Mitschüler. Man wundert sich aber irgendwann schon, wieso die Eltern mit ihren Erfahrungen im Hintergrund so stur und unnachgiebig reagieren. Dass stumpfe Verbote zwecklos sind, hat der Leser längst eingesehen, wenn sie noch die altgebackene Elternmasche fahren. Auch gestaltet sich die Storyline stellenweise ziemlich langatmig. Die Autorin nimmt sich viel Zeit, das Landleben darzustellen und insbesondere die Gedankengänge von Ellie. Und bei diesen wird es dann manchmal auch etwas abstrus, denn wie schon erwähnt, reagiert Ellie oftmals überraschend irrational. Als die Geschichte dann mehr und mehr phantastische Züge annimmt, scheint Bettina Belitz allmählich ihr Metier zu verlassen. Die Spannung bleibt erhalten, aber die Geschehnisse sind teilweise so konfus, dass in den nächsten Büchern eine Menge Klärungsbedarf besteht.

Das Hardcover mit dem weiß-bunten Papierumschlag ist ein echter Hingucker. Der Titel „Splitterherz“ tut sein Übriges, um Interesse zu wecken. Wer dann immer noch nicht zugreifen mag, wird wohl den Worten aus dem Klappentext erliegen, denn sie machen verdammt neugierig. So wirklich halten kann der Roman das allerdings nicht – die seltsame Stimmung der Worte spiegelt sich leider unzureichend in der Geschichte. Sie ist doch relativ „normal“. Auch die Kapitelüberschriften passen nicht immer ganz. Nichtsdestotrotz ist „Splitterherz“ ein stimmungsvolles Buch, bei dem man gespannt auf die folgenden Teile warten wird – mit dem Ende kann das romantische Herz nämlich nicht leben.


Fazit

Eine bittersüße Lovestory, die mit ihrer Dramatik und Zartheit den Leser direkt ins Herz trifft. Die ländliche Atmosphäre passt wunderbar zu der erblühenden, schwierigen Liebe und ist erfrischend anders. „Splitterherz“ hat noch seine Schwächen, unterhält jedoch bestens und verspricht spannende Folgebände.


Pro & Contra

+ bittersüße Liebesgeschichte
+ traumhafte Atmosphäre
+ Colins starker Charakter
+ trügerisch idyllisch und düster
+ gefühlvoll geschrieben

- phasenweise langatmig
- Ellie ist nicht ganz authentisch

Wertung:

Handlung: 3/5
Charaktere: 3,5/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 3,5/5


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