
Genre: Historik
Klappentext
In Begleitung seines treuen Gefährten Konrad wird der
Benediktinernovize Faolán in das streng reglementierte Columbankloster
verbannt. Dort scheint jedoch nicht alles mit rechten Dingen zuzugehen
und Tag für Tag wächst Faoláns Sorge um Svea, seine große Liebe. Von
dieser Furcht getrieben, entwickelt Faolán einen gefährlichen
Fluchtplan um den eigenartigen Columbanbruder Clemenza.
Etwa zur selben Zeit befindet sich der Edelherr Brandolf auf der Suche
nach dem verschollenen Grafensohn Rogar, dessen ermordetem Vater er
einst den Eid geleistet hat, sich um den Knaben zu kümmern. Doch der
Mörder von damals lässt nichts unversucht, um dies zu verhindern. Eines
Tages trifft der Edelherr auf zwei verwahrloste Pilger, deren Identität
einige Fragen aufwirft, während Prior Walram, Graf Rurik und dessen
Sohn Drogo bereits neue Ränke schmieden.
Allerdings rechnet keiner von ihnen mit dem Einfluss jener Männer, die
einst für den Überfall der Grafenburg verantwortlich gemacht wurden …
bis das Schicksal ihre Wege kreuzt!
Rezension
Unbeirrt treibt Weinbach die fesselnde Handlung um den Novizen Faolán
voran – „Irrwege“ kann die hohen Erwartungen, die der Vorgänger geweckt
hat, erfüllen und im Vergleich zu diesem sogar an der ein oder anderen
Stelle noch eine Schippe drauflegen.
Neben den drei bekannten Protagonisten aus Band 1 etabliert Weinbach
mit diesem Band einen weiteren Point-of-View-Charakter. Hierbei handelt
es sich um den Nordmann Bjoren, der sich auf eine Reise in den Süden
begibt, wie es die Vision des Weisen seines Volkes verlangt. Es wird
also mysteriös – nicht zu viel, aber dennoch genug, um der Geschichte
eine weitere geheimnisvolle Komponente hinzuzufügen und so für ein
leichtes „Mysterie-Feeling“ zu sorgen. Wir erinnern uns: Im ersten Band
hatte Svea bereits eine Vision, die sich bewahrheitet hat und sie von
ihrem geliebten Faolán getrennt hat. Dieser wurde infolgedessen mit
seinem Gefährten Konrad in ein anderes Kloster verbannt und trachtet
seitdem danach, zu Svea zurückzukehren. Ein Unterfangen, das sich als
schwierig erweist, muss er doch dafür aus diesem streng bewachten und
zugleich verhassten Kloster fliehen. Und dann ist da natürlich wieder
Brandolf, der Adlige, der Faoláns Vater einen Eid geleistet hat, sich
um seinen Sohn zu kümmern – und der diesen seither vergeblich sucht.
Geradezu meisterhaft verwebt Weinbach diese Handlungsstränge zu einem
dichten Netz, in dem jeder Charakter – sei es Protagonist oder
Nebencharakter – tief verwickelt ist. Dabei trägt ein jeder einen Teil
der Handlung, die somit nicht nur von einem Charakter abhängt, sondern
das Produkt vieler Einzelschicksale ist. Dass sie trotzdem wunderbar
homogen wirkt, ist ein weiterer Beweis für das erzählerische Talent des
Autors.
Hierbei ergeben sich immer wieder neue Verwicklungen, die parallel zum
großen Haupthandlungsbogen mal länger und mal kürzer mitlaufen. Das hat
zum einen zur Folge, dass das Erzähltempo recht moderat ist. Zum
anderen hat es die – weitaus schwerwiegendere – Folge, dass die
Haupthandlung noch immer sehr nebulös ist oder gar mit neuen
Entwicklungen noch nebulöser zu werden scheint. Was hat die Vision
Bjorens von einem Wolf mit der Faoláns zu tun, dem ebenfalls ein weißer
Wolf erscheint? Und welches Schicksal ist der Heimat Bjorens bestimmt?
Wird es Faolán gelingen – in ferner Zukunft – den Thron über die
Grafschaft zu erstreiten? Und was gedenkt Brandolf in dieser Hinsicht
zu tun? Diese und viele weitere Fragen bleiben nach wie vor völlig
offen – klar scheint indes nur eines; es ist unwahrscheinlich, dass es
sich bei der Eiswolf-Saga um eine Trilogie handeln wird. Zu breit
gefächert ist die Handlung, zu gerne widmet sich Weinbach jedem Detail
mit großer Aufmerksamkeit. Nicht, dass letzteres schlecht wäre – im
Gegenteil.
Hierzu zählt auch die fortschreitende Entwicklung der Charaktere, die
weiterhin überzeugen können. Besonders schön ist, dass nicht wenige
Charaktere – auch altbekannte – sich dem Leser in diesem zweiten Band
aus einem neuen Blickwinkel zeigen. Neben- wie Hauptcharaktere
entwickeln sich weiter und halten nicht selten eine Handfeste
Überraschung parat. Diese Fähigkeit der Charaktere, für den Leser trotz
einiger gemeinsam verbrachter Zeit noch neue Seiten parat zu halten ist
eine weitere wichtige Säule für lang anhaltenden Lesespaß.
Für Historik-Hardliner sei an dieser Stelle allerdings noch einmal
angemerkt, dass relativ wenige wirklich stattgefundene Ereignisse
Einzug in die Handlung halten. Dennoch ist die Kulisse des
Hochmittelalters überzeugend ausgearbeitet und liefert mit dem übrigen
Setting wie beispielsweise dem von Wäldern, kleinen Städten und
Klöstern geprägten heutigen Süddeutschland eine stimmige Atmosphäre.
Fazit
In diesem zweiten Band der Eiswolf-Saga liefert Weinbach viele Gründe,
dranzubleiben und gespannt auf den Nachfolger zu warten. Die Handlung
entwickelt sich zwar nur langsam, wird dafür aber sogar noch intensiver
und komplexer. Neue wie auch alte Charaktere geben Rätsel auf, die
hoffentlich gut aufgelöst werden.
Pro & Kontra
+ klasse Handlung
+ überzeugende Charaktere, die – ob neu oder alt – überraschen können
+ neue Wendungen und neue Rätsel
+ Atmosphäre
o wenig neue Klarheit bezüglich des Haupthandlungsbogens
o wenig wirkliche „Historik“
Wertung:
Handlung: 4,5/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 4,5/5
Preis/Leistung: 3,5/5