Die Eiswolf-Saga - Irrwege (Holger Weinbach)



Acabus Verlag (November 2010)
Taschenbuch, 388 Seiten, EUR 13,90
ISBN: 978-3941404298
Die Eiswolf-Saga 2

Genre: Historik


Klappentext

In Begleitung seines treuen Gefährten Konrad wird der Benediktinernovize Faolán in das streng reglementierte Columbankloster verbannt. Dort scheint jedoch nicht alles mit rechten Dingen zuzugehen und Tag für Tag wächst Faoláns Sorge um Svea, seine große Liebe. Von dieser Furcht getrieben, entwickelt Faolán einen gefährlichen Fluchtplan um den eigenartigen Columbanbruder Clemenza.
Etwa zur selben Zeit befindet sich der Edelherr Brandolf auf der Suche nach dem verschollenen Grafensohn Rogar, dessen ermordetem Vater er einst den Eid geleistet hat, sich um den Knaben zu kümmern. Doch der Mörder von damals lässt nichts unversucht, um dies zu verhindern. Eines Tages trifft der Edelherr auf zwei verwahrloste Pilger, deren Identität einige Fragen aufwirft, während Prior Walram, Graf Rurik und dessen Sohn Drogo bereits neue Ränke schmieden.
Allerdings rechnet keiner von ihnen mit dem Einfluss jener Männer, die einst für den Überfall der Grafenburg verantwortlich gemacht wurden … bis das Schicksal ihre Wege kreuzt!


Rezension

Unbeirrt treibt Weinbach die fesselnde Handlung um den Novizen Faolán voran – „Irrwege“ kann die hohen Erwartungen, die der Vorgänger geweckt hat, erfüllen und im Vergleich zu diesem sogar an der ein oder anderen Stelle noch eine Schippe drauflegen.

Neben den drei bekannten Protagonisten aus Band 1 etabliert Weinbach mit diesem Band einen weiteren Point-of-View-Charakter. Hierbei handelt es sich um den Nordmann Bjoren, der sich auf eine Reise in den Süden begibt, wie es die Vision des Weisen seines Volkes verlangt. Es wird also mysteriös – nicht zu viel, aber dennoch genug, um der Geschichte eine weitere geheimnisvolle Komponente hinzuzufügen und so für ein leichtes „Mysterie-Feeling“ zu sorgen. Wir erinnern uns: Im ersten Band hatte Svea bereits eine Vision, die sich bewahrheitet hat und sie von ihrem geliebten Faolán getrennt hat. Dieser wurde infolgedessen mit seinem Gefährten Konrad in ein anderes Kloster verbannt und trachtet seitdem danach, zu Svea zurückzukehren. Ein Unterfangen, das sich als schwierig erweist, muss er doch dafür aus diesem streng bewachten und zugleich verhassten Kloster fliehen. Und dann ist da natürlich wieder Brandolf, der Adlige, der Faoláns Vater einen Eid geleistet hat, sich um seinen Sohn zu kümmern – und der diesen seither vergeblich sucht.

Geradezu meisterhaft verwebt Weinbach diese Handlungsstränge zu einem dichten Netz, in dem jeder Charakter – sei es Protagonist oder Nebencharakter – tief verwickelt ist. Dabei trägt ein jeder einen Teil der Handlung, die somit nicht nur von einem Charakter abhängt, sondern das Produkt vieler Einzelschicksale ist. Dass sie trotzdem wunderbar homogen wirkt, ist ein weiterer Beweis für das erzählerische Talent des Autors.
Hierbei ergeben sich immer wieder neue Verwicklungen, die parallel zum großen Haupthandlungsbogen mal länger und mal kürzer mitlaufen. Das hat zum einen zur Folge, dass das Erzähltempo recht moderat ist. Zum anderen hat es die – weitaus schwerwiegendere – Folge, dass die Haupthandlung noch immer sehr nebulös ist oder gar mit neuen Entwicklungen noch nebulöser zu werden scheint. Was hat die Vision Bjorens von einem Wolf mit der Faoláns zu tun, dem ebenfalls ein weißer Wolf erscheint? Und welches Schicksal ist der Heimat Bjorens bestimmt? Wird es Faolán gelingen – in ferner Zukunft – den Thron über die Grafschaft zu erstreiten? Und was gedenkt Brandolf in dieser Hinsicht zu tun? Diese und viele weitere Fragen bleiben nach wie vor völlig offen – klar scheint indes nur eines; es ist unwahrscheinlich, dass es sich bei der Eiswolf-Saga um eine Trilogie handeln wird. Zu breit gefächert ist die Handlung, zu gerne widmet sich Weinbach jedem Detail mit großer Aufmerksamkeit. Nicht, dass letzteres schlecht wäre – im Gegenteil.

Hierzu zählt auch die fortschreitende Entwicklung der Charaktere, die weiterhin überzeugen können. Besonders schön ist, dass nicht wenige Charaktere – auch altbekannte – sich dem Leser in diesem zweiten Band aus einem neuen Blickwinkel zeigen. Neben- wie Hauptcharaktere entwickeln sich weiter und halten nicht selten eine Handfeste Überraschung parat. Diese Fähigkeit der Charaktere, für den Leser trotz einiger gemeinsam verbrachter Zeit noch neue Seiten parat zu halten ist eine weitere wichtige Säule für lang anhaltenden Lesespaß.

Für Historik-Hardliner sei an dieser Stelle allerdings noch einmal angemerkt, dass relativ wenige wirklich stattgefundene Ereignisse Einzug in die Handlung halten. Dennoch ist die Kulisse des Hochmittelalters überzeugend ausgearbeitet und liefert mit dem übrigen Setting wie beispielsweise dem von Wäldern, kleinen Städten und Klöstern geprägten heutigen Süddeutschland eine stimmige Atmosphäre.


Fazit

In diesem zweiten Band der Eiswolf-Saga liefert Weinbach viele Gründe, dranzubleiben und gespannt auf den Nachfolger zu warten. Die Handlung entwickelt sich zwar nur langsam, wird dafür aber sogar noch intensiver und komplexer. Neue wie auch alte Charaktere geben Rätsel auf, die hoffentlich gut aufgelöst werden.


Pro & Kontra

+ klasse Handlung
+ überzeugende Charaktere, die – ob neu oder alt – überraschen können
+ neue Wendungen und neue Rätsel
+ Atmosphäre

o wenig neue Klarheit bezüglich des Haupthandlungsbogens
o wenig wirkliche „Historik“

Wertung:

Handlung: 4,5/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 4,5/5
Preis/Leistung: 3,5/5


Rezension zu "Die Eiswolf-Saga - Band 1" (Brudermord)