Deutsch von Christa E. Seibicke
Diogenes 2008
384 Seiten
ISBN 978-3-2570-6631-9
Preis: € 21,90 (D)
Genre: Krimi
(Da die Rezensentin das englische Original gelesen hat, konnten Faktoren wie die Qualität der deutschen Übersetzung etc. nicht berücksichtigt werden.)
Rezension
Mitten in der Nacht wird Commissario Brunetti aus dem Bett geholt: Bewaffnete Männer sind in die Wohnung des Kinderarztes Dr. Pedrolli eingedrungen, haben den Arzt mit dem Gewehrkolben niedergeschlagen und seinen 18-Monate alten Sohn weggenommen. Brunetti beginnt zu ermitteln – weshalb wurde bei Pedrolli eingedrungen? Was ist mit dem Kind passiert? Auf seine ruhige Art kommt Brunetti bald mehr auf die Spur, als im ersten Moment ersichtlich ist.
Ein Donna Leon Krimi in gewohnter Manier; Brunetti auch in seinem sechzehnten Fall als sehr menschlicher und ziemlich autarker Kommissar inmitten des italienischen Alltags in der Kleinstadt Venedig, konfrontiert mit einem sehr aktuellen Thema. Zwischen Essen, Touristen, familiären Einschüben und den schattigen Verzweigungen des italienischen Rechtssystems beginnt sich der Fall auf die unaufgeregte Weise zu entrollen, die Leon eigen ist.
Ein solides Buch, geschrieben mit Witz und Einsicht, durch das man nur so zu gleiten scheint, das, in angenehmer Abwechslung zu anderen Krimis, von einer Schwarz-Weiß-Lösung Abstand nimmt; einziger Wermutstropfen für langjährige Leser ist vielleicht der altbekannte Nachgeschmack des Romans: Obwohl das Thema gegenwärtiger nicht sein könnte, ist sonst alles wie immer; Figuren und Umstände scheinen gänzlich unverändert, selbst nach einigen der eher gravierenden Ereignisse der letzten paar Bücher der Reihe. Vielleicht wäre es hier erfrischender gewesen, hätte die Autorin mehr Zeit mit den Protagonisten verbracht.
Fazit
Nichts für Leserinnen, die bei einem Krimi ein hohes Tempo und einfache Lösungen bevorzugen - die wären bei Donna Leon sowieso falsch - vielmehr ein Portrait des italienischen Alltags und der italienischen Justiz, der "normalen" Polizeiarbeit mit Papierkram und unergiebigen Gesprächen. Trotz des aktuellen Themas und des Witzes scheint der Roman stellenweise ein wenig lauwarm, was auf die scheinbar konstant gleich bleibenden Figuren und Umstände zurückzuführen ist, über das aber die wahnsinnig komischen Stellen und vielen liebenswerten Details hinwegtrösten können. Vielleicht nicht eins der einfallsreichsten Krimis Leons, nichtsdestotrotz ein lesenswertes Buch.
Bewertung
Handlung: 4/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 4/5