Das Nest (Ben Kay)



Rowohlt Verlag (Januar 2011)
Taschenbuch, 416 Seiten, EUR 9,99
ISBN: 978-3499255298

Genre: Thriller


Klappentext

Sie sind sehr groß.
Sie sind sehr aggressiv.
Sie sind Insekten.

Ein unterirdisches Laboratorium tief im Dschungel Venezuelas. Die Ruhe trügt: Ein Experiment ist fehlgeschlagen, die Auswirkungen bedrohen die gesamte Welt. Hektisch bemühen sich die Militärs um Schadensbegrenzung. Auch die hinzugezogene Expertin, die Biologin Laura Trent, weiß keinen Rat. Alle Schutzmaßnahmen misslingen, der Weg in die Freiheit ist blockiert. Einziger Ausweg: der Mitteltrakt. Dieser wurde nach einem geheimen Projekt vor zehn Jahren geschlossen. Niemand weiß, was dort unten lauert…


Rezension

Laura Trent ist Biologin – genauer gesagt Entomologin, sie befasst sich also mit Insekten – und noch dazu eine der besten auf ihrem Gebiet. Kein Wunder also, dass der Leiter der geheimen Forschungseinrichtung „Meros“, Bishop, gerade sie „hinzuzieht“, um den wild gewordenen, riesigen Wespen auf seiner Forschungsstation Einhalt zu gebieten.
Hierfür kidnappt er kurzerhand ihren Sohn und lässt diesen – Laura lebt in Großbritannien – nach Venezuela schaffen. Denn freiwillig möchte Laura nicht aus ihrer eigenen heruntergekommenen Forschungseinrichtung weg.

Schon jetzt wird deutlich: An diesem Buch ist einiges gewöhnungsbedürftig. Das fängt schon mit den Charakteren an, die schablonenhaft und abgeschmackt daherkommen. Laura Trent als verwitwete, liebende Mutter und gleichzeitig gefeierte Biologin kann weder durch ihren Hintergrund, noch durch ihre Handlungen überzeugen. Ihre Reaktion auf die Entführung ihres Sohnes fällt dementsprechend unglaubwürdig aus.
Ebenso Bishop, der sich nicht entscheiden kann, ob er tough ist oder ein Weichei. Und auch die Nebencharaktere scheinen nach der Standardvorlage für Thriller erstellt, noch dazu nicht besonders gekonnt. Da wären zum einen die Wissenschaftler auf der Meros-Station, die – wie sollten Wissenschaftler sonst sein? – neunmalkluge Eierköpfe sind, noch dazu verweichlicht und mit der Situation überfordert. Und dann sind da noch die Soldaten – denn natürlich entwickelt Meros im Geheimen Killerinsekten für die US-Army. Und auch diese Soldaten sind alte Bekannte, denen mit zusammengeschusterten Hintergründen offenbar Tiefe verliehen werden sollte: Probleme mit Autoritäten und alkoholabhängige Eltern sind der Grund dafür, dass sie ihr Dasein in dieser zwielichtigen Organisation fristen müssen, quasi als letzte Chance – auch nicht gerade originell.

Eine Kostprobe vom Können dieser Soldaten bekommt man schon recht schnell, denn das Buch bietet in erster Linie Action. Dabei lässt es Kay sich auch nicht nehmen, Angriffe der Wespen in grausiger Detailverliebtheit zu beschreiben; je nach Leser kommt das natürlich unterschiedlich gut an – festzuhalten ist aber, dass dem Buch weniger Gemetzel und dafür eine intelligentere Handlung gut getan hätten.
Denn diese ist wirklich an Geradlinigkeit und Vorhersehbarkeit kaum zu überbieten und dient eigentlich nur dazu, die Zeit zu überbrücken, bis die Charaktere auf noch gigantischere, bösere und hungrigere Insekten stoßen. Von diesen gibt es indes reichlich – und damit auch wirklich jeder Leser begreift, dass die Charaktere wirklich tief in Schwierigkeiten stecken, können diese auch schon einmal die Größe eines Autos annehmen. Eine derartig weit hergeholte Story ist wahrlich nicht jedermanns Sache und wird durch die pseudowissenschaftlichen Erklärungen, die Kay seine Charaktere schwafeln lässt, keinen Deut besser. Das Buch mag für Leser konzipiert sein, die sich auf so etwas einlassen können, indes hätte es die nächstkleinere Version auch getan und somit den Kreis der in Frage kommenden Leserschaft wenigstens etwas vergrößert.
Ungereimtheiten und Logikfehler runden das schlechte Gesamtbild der Handlung ab. Seien es Soldaten, die es ohne Schutzanzüge mit den Rieseninsekten aufnehmen und dabei wie die Fliegen wegsterben, seien es Charaktere, die trotz schlimmster Verletzungen durch die Gegend turnen oder auch unsinnige technische Ausführungen. Apropos Ungereimtheiten und Übertreibungen: Eine Atombombe darf in so einer Art Thriller natürlich keinesfalls fehlen – und so ist es wenigstens konsequent, dass Kay der ganzen Sache noch etwas Extrawürze verleiht, indem er eine solche für den Showdown in Aussicht stellt, damit die Charaktere sich auch beeilen, aus der Station zu entkommen.
Zu Gute halten muss man dem Buch schlussendlich, dass wenigstens recht häufig Spannung aufkommt und die dünne Handlung –nicht zuletzt infolgedessen - flott vorangetrieben wird.


Fazit

Eine hanebüchene Idee trifft auf eine einfallslose Handlung, in der flache Charaktere sehenden Auges ihre Lage von Minute zu Minute verschlimmern. Die stellenweise aufkommende Spannung kann nur selten über all den Unfug hinwegtrösten, der hier verzapft wird.


Pro & Kontra

+ spannend
+ schnelles Erzähltempo

- oftmals komplett übertrieben
- einfallslose Handlung
- Logikfehler und Ungereimtheiten
- flache Charaktere
- übertriebene Gewaltdarstellungen

Wertung:

Handlung: 2/5
Charaktere: 2,5/5
Lesespaß: 2,5/5
Preis/Leistung: 3/5