Peter Sodann hat 500.000 Bücher gesammelt

Schauspieler Peter Sodann sammelt seit der Wende in der DDR erschienene Bücher, um sie in einer Bibliothek zugänglich zu machen. 500.000 Bände hat er schon zusammen, und nach langer Suche hat er nun einen Standort für seine Büchersammlung gefunden: im sächsischen Staucha bei Riesa. Noch lagern die Paletten mit den Werken dort in der Scheune eines kleinen, ehemaligen Ritterguts. Ende April sollen die ersten Bücher in die Regale im einstigen Kuhstall einziehen.

Als nach dem Mauerfall in der DDR Bücher massenhaft auf die Müllhalde gekippt wurden, ging Peter Sodann sozusagen zum Gegenangriff über. Er rief zum Sammeln auf, nutzte auch seine Popularität als "Tatort"-Kommissar Bruno Ehrlicher - und bekam jede Menge Bücherkisten geschickt. Für ihn sind diese Bücher ein Stück Kulturerbe der DDR, das er zwar nicht wiederbeleben will. "Aber auch in einer Diktatur, wie unsere eine war, bleibt immer ein Freiheitsgedanke am Leben", sagt Sodann.

Dieser Gedanke sei auch in den Büchern zu finden, die er zunächst im von ihm gegründeten "neuen theater" in Halle, dessen Intendant er bis 2005 war, unterbrachte. Danach lagerten sie in einer feuchten Turnhalle in Merseburg, bis sich auf Sodanns "Hilferuf" im Internet der Bürgermeister von Staucha, Peter Geißler, meldete. Eine Mail, ein Telefonat, relativ schnell war man sich einig, dass die Bücher und der dazugehörige Verein in den Ort zwischen Döbeln und Riesa umziehen.

Hier stand der mit EU-Fördermitteln sanierte Dreiseithof zur Verfügung. Auch Geißler ist es wichtig, "die Bücher für die Nachfahren zu erhalten", wie er sagt. Das sei zwar nicht unbedingt Aufgabe einer Kommune, aber notwendig.

Noch findet im 90 Meter langen Kuhstall, in dem viele kleine Säulen das Deckengewölbe tragen, ein Markt statt. Ein Banner wirbt für "die schärfsten Gurken aus Sachsen". Die beiden Getreide-Böden darüber werden zu Bibliotheksräumen umgebaut. "Für die nächsten fünf, sechs Jahre wird der Platz reichen", schätzt der Schauspieler.

Aber es kommen immer neue Exemplare hinzu. Sodann will alle Bücher, "die zwischen dem 8. Mai 1945 und dem einzig vernünftigen Satz von Günther Schabowski 'Die Mauer ist auf' erschienen sind", versammeln. Wenn jemand Marx-Engels-Werke oder Bücher aus Parteiverlagen schickt, dann will Sodann ihnen ebenso Platz einräumen wie der in der DDR verbotenen Zeitschrift "Junge Kunst" oder Seltenheiten wie der 1947 erschienene Band "Was tun?" von N. G. Tschernyschewski. Die "Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung" findet sich in den Kisten ebenso wie "Prinzessin Zitrinchen" und "Der kleine Prinz" genauso wie Manfred von Brauchitschs "Ohne Kampf kein Sieg".

Noch sind die Bücher unsortiert und auf Paletten in Folien verpackt. Aber dass einige der Ein-Euro-Jobber, die bislang 140.000 Bücher katalogisiert haben, über dieser Arbeit zu Leseratten geworden sind, freut Sodann. Nun sollen auch die übrigen Bücher katalogisiert werden, es müssen Regale angeschafft sowie Strom und Heizung bezahlt werden.

Deshalb wirbt Sodann auch auf seiner Website petersodann.de darum, "dass jeder Bürger dieses Landes der Dichter und Denker einen Euro spendet". Käme diese Summe zusammen, könnte er anderen Projekten noch was abgeben: "Man darf Optimist sein und dran glauben dürfen." Schließlich sollen die Bücher - etwa eine Million könnten es werden, glaubt er- nicht nur als Sammlung auf den beiden Dachböden stehen. Es soll einmal eine öffentlich zugängliche Bibliothek sein und für Peter Sodanns Überzeugung stehen: "Wer diese Bücher wegwirft, wirft auch mich und viele DDR-Bürger weg."


Quelle: t-online.de