Grabeshauch (Charlaine Harris)

Verlag dtv, Januar 2011
Originaltitel: Grave Secret, Übersetzt von Christiane Burkhardt
TB, 320 Seiten, € 8,95
ISBN 978-3423212687

Genre: Thriller


Klappentext:

Die junge Harper Connelly wird in Texas nicht nur mit einem mysteriösen Todesfall konfrontiert, sondern auch mit ihrer eigenen Vergangenheit. Als ihr Stiefbruder und Lebensgefährte Tolliver angeschossen wird, überstürzen sich die Ereignisse.


Die Autorin:

Charlaine Harris lebt in Arkansas – gemeinsam mit ihrem Mann, ihren drei Kindern, zwei Hunden, zwei Frettchen und einer Ente. Sie ist eine unersättliche Leserin, gemäßigte Cineastin und gelegentliche Gewichtheberin. Charlaine Harris hat zahlreiche Kriminalromane sowie die Kult-Vampirserie um die gedankenlesende Kellnerin Sookie Stackhouse veröffentlicht.


Rezension:

Mit Spannung erwartet – und dann doch so enttäuschend, der vierte und letzte Band der Serie mit Harper und Tolliver hält lange nicht, was der dritte Band versprach. Ganz im Gegensatz, der Reiz dieser Serie, der aus der besonderen Gabe Harpers besteht, kommt eindeutig zu kurz, die Geschichte verliert sich in Familienspannungen und einer Tragödie. Gedanken und Gefühle werden endlos ausgebreitet, es passiert kaum etwas und über die handelnden Personen kann man manchmal nur den Kopf schütteln.

Harper und Tolliver führt ein Auftrag in ihre Heimat, nach Texas zurück. Dort sollen sie für die reiche Lizzie Joyce herausfinden, wie ihr Großvater vor acht Jahren gestorben ist. Seit Harper von einem Blitz getroffen wurde, kann sie Tote finden, ihre Gebeine erzählen ihr von ihren letzten Minuten. Sie erkennt, woran sie gestorben sind und sorgt mit ihren Äußerungen über andere Vergrabene auf dem Friedhof der Joyces für heillose Aufregung. Dachte man doch bis daher, dass die Pflegerin ihres Großvaters vor einiger Zeit an einem Blinddarmdurchbruch starb und nicht an der Geburt eines Kindes, von dem bisher niemand etwas wusste. Mit dieser Entdeckung bringt Harper eine Lawine ins Rollen, deren Wucht ihr ganzes Leben verändert. Da sie schon einmal in der Gegend sind, besuchen Harper und Tolliver ihre beiden kleinen Schwestern, die Töchter von Harpers Mutter und Tollivers Vater. Sie werden von ihrer Tante Iona und deren Mann Hank zwar streng, aber liebevoll aufgezogen. Bisher waren ihre Besuche nicht gern gesehen, da die beiden ein Problem mit Harpers Berufung haben. Diesmal werden die beiden schon fast freundlich aufgenommen, und so nutzen sie die Gelegenheit, mit ihren kleinen Schwestern Zeit zu verbringen. Auch Matthew, Tollivers Vater, ist aus dem Gefängnis entlassen und versucht, Kontakt aufzunehmen. Mark, Tollivers Bruder ist ganz begeistert, seinen Vater wieder um sich zu haben und verzeiht ihm so einiges, denn die Geschwister haben eine harte, verwahrloste Kindheit hinter sich. Gefangen im Drogenrausch schafften es ihre Eltern nicht, sich um sie zu kümmern und bei der Drogenbeschaffung mussten die Kinder teilweise sogar um ihr Leben bangen. In vielen Einzelheiten erfährt man ausführlich, wie es Harper und Cameron sowie Mark und Tolliver und deren gemeinsamen Stiefschwestern Mariella und Gracie ergangen ist. Ein hartes Leben für Teenager, die von ihren Eltern im Stich gelassen werden und alles geheim halten müssen, um nicht auseinandergerissen zu werden. Bis zu dem Tag, an dem Cameron verschwand – danach kümmerte sich endlich die Fürsorge.

Nun ist Matthew also wieder da, aber was will er wirklich? Vergebung? Können Tolliver und Harper ihm wie Mark seine Schandtaten verzeihen? Angeblich ist er clean und hat sich geändert, aber will er sich wirklich wieder um seine Mädchen kümmern? Wer versucht nur, Harper und Tolliver umzubringen, hat es was mit ihrer Vergangenheit zu tun oder lediglich mit dem aktuellen Fall? Auf eine merkwürdige Art und Weise sind die beiden involviert, die Lösung ist ein bisschen haarsträubend und nicht sehr überzeugend.

Leider rückte durch dieses Familiendrama alles in den Hintergrund, es dreht sich ständig nur um Harpers und Tollivers Vergangenheit. Ihre Beziehung wird überall mit Befremden aufgenommen, dabei sind sie doch überhaupt nicht miteinander verwandt. Harper will unbedingt mit ihrer Gabe ihre verschwundene Schwester Cameron finden, sie ist überzeugt, dass ihr etwas zugestoßen sein musste. Tatsächlich bringen neue Spuren auch neue Erkenntnisse in dem Fall, dessen tatsächliches Geschehen nicht überzeugen kann. Viel Potential hat Charlaine Harris hier verspielt, bei diesem Stil wünscht man sich tatsächlich keine weiteren Bände mehr. Das Ende war überhastet und unbefriedigend, es ging viel zu schnell und unprätentiös über die Bühne. Vorherrschend war diesmal eindeutig Harpers Familie, da alles bis ins kleinste Detail wiederholt wird, kann man diesen Band auch durchaus ohne Vorkenntnis der anderen Bände lesen. Die Covergestaltung ist wieder exzellent gelungen, leider wurde auch hier etwas zurückgerudert, die wunderschönen Reliefbuchstaben des vorherigen Bandes wurden nicht mehr genommen.


Fazit:

Eine spannende Familientragödie, die alleine für sich genommen lesenswert ist. In diesem Band lernt man seine liebgewonnenen Charaktere in ihrer ganzen Tiefe kennen, leider tritt dabei Harpers Gabe in den Hintergrund. Die Zusammenführung vieler loser Fäden kann nicht überzeugen, viel Zeit wird mit Gedankenspielen vertan. Kein krönender Abschluss einer Serie, lediglich ein versöhnlicher, der ein bisschen langweilig und mit haarsträubenden Auflösungen daherkommt.


Pro und Contra:

+ fesselnde Begabung
+ ernste Themen
+ vielschichtige Charaktere
+ gut erzählt
+ aufschlussreiche Familie
+ unerwartete Wendungen

- langatmig
- Harpers Gabe kommt zu wenig zum Einsatz
- haarsträubende Auflösungen


Wertung: 

Handlung: 3/5
Charaktere: 3,5/5
Lesespaß: 3,5/5
Preis/Leistung: 3,5/5