Ort: Irgendwo im alten Ägypten
Zeit: 2800 Jahre vor Christus
Handlung: Eine Witwe übergibt an ihren Sohn ein Geschenk
Es war finster, und der steinerne uralte Gang roch nach Moder und Feuchtigkeit. Die Schritte der Frau waren auf dem steinernen Boden kaum wahrzunehmen. Ihre feinen Ledersandalen schmiegten sich wie eine zweite Haut um ihre Füße.
„Da vorne den Gang rechts hinunter, Hor.“
Sie brauchte kein Licht, denn ihre Augen sahen in der Dunkelheit.
Der nächste Gang war eng, und ihre mächtigen Flügel streiften an den rauen Wänden. Die Flügel waren ein Geschenk ihres verstorbenen Gatten. Ein Geschenk eines Gottes an eine Sterbliche.
Tränen liefen plötzlich über ihre Wangen. Tränen der Trauer. Und der Wut. Osiris war nicht einfach nur gestorben, er war von seinem eigenen Bruder bestialisch getötet und zerfleischt worden!
Einem Monster gleich hatte er den Leichnam ihres Mannes und Königs zerrissen, und die Leichenteile mitgenommen. Doch Osiris hatte vorgesorgt, und ein Auge von ihm zeitgerecht sorgfältig versteckt. Und sie würde dieses Auge der Macht jetzt dazu verwenden, um ihren Sohn zu heilen. Er hatte versucht seinem Vater beizustehen, und beinahe mit seinem Leben dafür bezahlt. Nur ihrem mutigen Einschreiten war es zu verdanken gewesen, dass sie nicht auch noch um ihren Sohn trauern musste.
Isis wischte die Tränen von ihrer Wange ab. Sie musste jetzt stark sein. Die Quelle war nahe, das konnte sie mit all ihren magischen Sinnen spüren.
Der Ruf eines Falken hallte durch den Gang. Sie konnte seine Schmerzen beinahe körperlich fühlen.
„Halte durch, Hor. Es ist jetzt nicht mehr weit.“
Bei seiner Geburt hatte sie angeordnet, alle Tiere fernzuhalten. Doch war dabei auf einen kleinen Luftschacht vergessen worden. Ein kleines Loch, durch das sich ein Falke gezwängt hatte, um sein Nest an einem geschützten Ort zu bauen.
Die Verwandlung ihres Kindes beim Anblick des Falken war unglaublich schnell gegangen. Sie hatte damals aufschreien wollen, doch Osiris hatte sie nur bei der Hand genommen, und vom Willen der Götter gesprochen, dem sich niemand entziehen konnte.
Schließlich hatten sie die Gruft erreicht, die von Anfang an als Grabmal des Osiris geplant gewesen war. Doch solange sein Körper nicht gefunden wurde, würde die Kammer leer bleiben.
Mit der bloßen Kraft ihrer Gedanken entfachte sie die ringsum angebrachten Fackeln. Sofort erhellte ein flackernder Lichtschein den kahlen Raum. Isis wandte sich um und sah ihren Sohn an, der gerade den Raum betreten hatte. Er war größer als sie, und seine Krallenfüße schleiften leicht über den Steinboden. Eine dreifingrige Hand drückte gegen eine klaffende Wunde auf seiner blutverschmierten Brust, die von einem zarten weißen Federkleid bedeckt war. Die Wunde, verursacht von einer Kristallklinge, konnte selbst mit ihren Fähigkeiten nicht geheilt werden. Doch im angrenzenden Raum, zu dem ein dunkler Durchgang führte, war das Heilmittel, das vielleicht als einziges noch helfen konnte.
Der Kopf ihres Sohnes war die genaue Nachbildung eines Falkenkopfes. Der Säugling hatte damals spontan die Körperform des ersten Tieres angenommen, das er sah. Ihrem Gatten zufolge hätte sie diesen Prozess nicht aufhalten können.
„Hor, bist Du bereit für das Ritual?“
Isis hatte ihre Gedankenstimme verwendet, und umgehend kam von ihrem Sohn die Antwort:
„Na los, Mutter, deshalb sind wir hier.“
Tapferer Junge. Sie schloss die Augen, konzentrierte sich, und fand sofort das mentale Echo des Auges im Nebenraum, welches sich daraufhin selbstständig aktivierte. Doch es war viel mächtiger als in ihrer Erinnerung! Zweifel machten sich breit in ihr.
„Nicht!“ Sie schrie das Wort heraus, doch es war schon zu spät. Ihr geliebter Sohn hatte bereits die Schwelle zum Nebenraum überschritten, in den sie sich noch niemals selbst vorgewagt hatte.
Hor zwitscherte mit seiner Vogelstimme aufgeregt, doch ein plötzlich auftretender mentaler Druck raubte ihr beinahe die Besinnung. Aus dem Nebenraum fuhr ein rötlicher Lichtschein, und blendete für Sekunden ihre lichtempfindlichen Augen. Automatisch entfalteten sich ihre gewaltigen Schwingen, doch sie konnte hier nicht fliegen.
Und dann spürte sie die fremde Aura. Sie waren trotz aller Vorsichtsmaßnahmen entdeckt worden!
Schon drang die tiefe gedankliche Stimme des verhassten Wüstenkönigs in sie ein.
"Euer törichter Versuch mir zu entkommen ist gescheitert, Isis. Jetzt seid Ihr mein. Widersetzt Euch, und Euer geliebtes Kind teilt das Schicksal seines Vaters! Es gibt kein Entkommen.“
„Niemals, Brudermörder! Lauf, Mutter!“
Die Stimme ihres Sohnes. Mächtiger denn jemals zuvor! Dann entbrannte ein heftiger Kampf im Nebenraum. Körper prallten zusammen, metallene Waffen klirrten. Falkenschreie und wildes Fauchen drangen an ihre Ohren.
Sie hatte ihrem Sohn zur gespeicherten Lebensenergie seines Vaters verholfen, und nun stellte er sich dem Wüstenkönig erneut entgegen. Damit verschaffte er seiner Mutter die benötigte Zeit. Doch sie musste dafür zurück an die Oberfläche gelangen. Der Kampf war noch lange nicht vorüber. Er hatte nur ein neues Level erreicht.
Es würde niemals enden. Die Macht der Götter war kein Segen, sondern ein niemals enden wollender Fluch. So wandte sie sich um und lief den Weg zurück so schnell sie konnte...
Zeit: 2800 Jahre vor Christus
Handlung: Eine Witwe übergibt an ihren Sohn ein Geschenk
Es war finster, und der steinerne uralte Gang roch nach Moder und Feuchtigkeit. Die Schritte der Frau waren auf dem steinernen Boden kaum wahrzunehmen. Ihre feinen Ledersandalen schmiegten sich wie eine zweite Haut um ihre Füße.
„Da vorne den Gang rechts hinunter, Hor.“
Sie brauchte kein Licht, denn ihre Augen sahen in der Dunkelheit.
Der nächste Gang war eng, und ihre mächtigen Flügel streiften an den rauen Wänden. Die Flügel waren ein Geschenk ihres verstorbenen Gatten. Ein Geschenk eines Gottes an eine Sterbliche.
Tränen liefen plötzlich über ihre Wangen. Tränen der Trauer. Und der Wut. Osiris war nicht einfach nur gestorben, er war von seinem eigenen Bruder bestialisch getötet und zerfleischt worden!
Einem Monster gleich hatte er den Leichnam ihres Mannes und Königs zerrissen, und die Leichenteile mitgenommen. Doch Osiris hatte vorgesorgt, und ein Auge von ihm zeitgerecht sorgfältig versteckt. Und sie würde dieses Auge der Macht jetzt dazu verwenden, um ihren Sohn zu heilen. Er hatte versucht seinem Vater beizustehen, und beinahe mit seinem Leben dafür bezahlt. Nur ihrem mutigen Einschreiten war es zu verdanken gewesen, dass sie nicht auch noch um ihren Sohn trauern musste.
Isis wischte die Tränen von ihrer Wange ab. Sie musste jetzt stark sein. Die Quelle war nahe, das konnte sie mit all ihren magischen Sinnen spüren.
Der Ruf eines Falken hallte durch den Gang. Sie konnte seine Schmerzen beinahe körperlich fühlen.
„Halte durch, Hor. Es ist jetzt nicht mehr weit.“
Bei seiner Geburt hatte sie angeordnet, alle Tiere fernzuhalten. Doch war dabei auf einen kleinen Luftschacht vergessen worden. Ein kleines Loch, durch das sich ein Falke gezwängt hatte, um sein Nest an einem geschützten Ort zu bauen.
Die Verwandlung ihres Kindes beim Anblick des Falken war unglaublich schnell gegangen. Sie hatte damals aufschreien wollen, doch Osiris hatte sie nur bei der Hand genommen, und vom Willen der Götter gesprochen, dem sich niemand entziehen konnte.
Schließlich hatten sie die Gruft erreicht, die von Anfang an als Grabmal des Osiris geplant gewesen war. Doch solange sein Körper nicht gefunden wurde, würde die Kammer leer bleiben.
Mit der bloßen Kraft ihrer Gedanken entfachte sie die ringsum angebrachten Fackeln. Sofort erhellte ein flackernder Lichtschein den kahlen Raum. Isis wandte sich um und sah ihren Sohn an, der gerade den Raum betreten hatte. Er war größer als sie, und seine Krallenfüße schleiften leicht über den Steinboden. Eine dreifingrige Hand drückte gegen eine klaffende Wunde auf seiner blutverschmierten Brust, die von einem zarten weißen Federkleid bedeckt war. Die Wunde, verursacht von einer Kristallklinge, konnte selbst mit ihren Fähigkeiten nicht geheilt werden. Doch im angrenzenden Raum, zu dem ein dunkler Durchgang führte, war das Heilmittel, das vielleicht als einziges noch helfen konnte.
Der Kopf ihres Sohnes war die genaue Nachbildung eines Falkenkopfes. Der Säugling hatte damals spontan die Körperform des ersten Tieres angenommen, das er sah. Ihrem Gatten zufolge hätte sie diesen Prozess nicht aufhalten können.
„Hor, bist Du bereit für das Ritual?“
Isis hatte ihre Gedankenstimme verwendet, und umgehend kam von ihrem Sohn die Antwort:
„Na los, Mutter, deshalb sind wir hier.“
Tapferer Junge. Sie schloss die Augen, konzentrierte sich, und fand sofort das mentale Echo des Auges im Nebenraum, welches sich daraufhin selbstständig aktivierte. Doch es war viel mächtiger als in ihrer Erinnerung! Zweifel machten sich breit in ihr.
„Nicht!“ Sie schrie das Wort heraus, doch es war schon zu spät. Ihr geliebter Sohn hatte bereits die Schwelle zum Nebenraum überschritten, in den sie sich noch niemals selbst vorgewagt hatte.
Hor zwitscherte mit seiner Vogelstimme aufgeregt, doch ein plötzlich auftretender mentaler Druck raubte ihr beinahe die Besinnung. Aus dem Nebenraum fuhr ein rötlicher Lichtschein, und blendete für Sekunden ihre lichtempfindlichen Augen. Automatisch entfalteten sich ihre gewaltigen Schwingen, doch sie konnte hier nicht fliegen.
Und dann spürte sie die fremde Aura. Sie waren trotz aller Vorsichtsmaßnahmen entdeckt worden!
Schon drang die tiefe gedankliche Stimme des verhassten Wüstenkönigs in sie ein.
"Euer törichter Versuch mir zu entkommen ist gescheitert, Isis. Jetzt seid Ihr mein. Widersetzt Euch, und Euer geliebtes Kind teilt das Schicksal seines Vaters! Es gibt kein Entkommen.“
„Niemals, Brudermörder! Lauf, Mutter!“
Die Stimme ihres Sohnes. Mächtiger denn jemals zuvor! Dann entbrannte ein heftiger Kampf im Nebenraum. Körper prallten zusammen, metallene Waffen klirrten. Falkenschreie und wildes Fauchen drangen an ihre Ohren.
Sie hatte ihrem Sohn zur gespeicherten Lebensenergie seines Vaters verholfen, und nun stellte er sich dem Wüstenkönig erneut entgegen. Damit verschaffte er seiner Mutter die benötigte Zeit. Doch sie musste dafür zurück an die Oberfläche gelangen. Der Kampf war noch lange nicht vorüber. Er hatte nur ein neues Level erreicht.
Es würde niemals enden. Die Macht der Götter war kein Segen, sondern ein niemals enden wollender Fluch. So wandte sie sich um und lief den Weg zurück so schnell sie konnte...
Die Geschichte der Menschheit ist eine nähere Betrachtung wert!